Ein Werbespot aus Kanada führt zu einem Eklat zwischen US-Präsident Trump und dem Nachbarland. Ist die Aufregung gerechtfertigt? Ein Überblick. Eigentlich schien die Stimmung in den Zollverhandlungen zwischen der US-Regierung und Kanada zuletzt wieder besser zu sein. Doch jetzt kommt es zum Knall: Präsident Trump erklärt die Handelsgespräche mit dem Nachbarland für beendet. Was war der Auslöser? Und was ist dran an den Vorwürfen des US-Präsidenten? Ein Faktencheck: Um diesen Werbespot geht es Der Grund von Trumps Zorn ist ein Werbespot, den die Regierung der kanadischen Provinz Ontario in den USA geschaltet hat. Die Region grenzt an die Vereinigten Staaten. Unter anderem Doug Ford, Premierminister von Ontario, verbreitete den Spot im Netz – gepaart mit einer Kampfansage: "Wir werden mit allen uns zur Verfügung stehenden Mitteln unermüdlich gegen die amerikanischen Zölle auf Kanada argumentieren. Der Weg zum Wohlstand führt über die Zusammenarbeit", schrieb er in einem Post auf dem Kurznachrichtendienst X am 16. Oktober. Newsblog zur US-Politik: "Erhebliche" Chance: Trifft sich Trump bald mit Diktator Kim? Merz und das "Stadtbild": "Das erinnert stark an Donald Trump" Das Video zeigt Szenen aus der wirtschaftlichen und privaten Realität der Bevölkerung, die mit der Stimme des früheren US-Präsidenten Ronald Reagan unterlegt sind. Zu hören sind Auszüge einer früheren Ansprache des 2004 gestorbenen Republikaners auf Englisch. Die Rede stammt ursprünglich aus dem Jahr 1987. So verwendet Kanada Reagans Aussagen Zu Beginn ist Reagan mit folgendem Auszug zu hören: "Wenn jemand sagt: 'Wir sollten Zölle auf ausländische Importe erheben', sieht es so aus, als würde er etwas Patriotisches tun, indem er amerikanische Produkte und Arbeitsplätze schützt. Und manchmal funktioniert das auch für kurze Zeit – aber eben nur für kurze Zeit." Es folgt ein weiterer Auszug, den Reagan im Original eigentlich einige Momente zuvor geäußert hatte: "Auf lange Sicht schaden solche Handelsbarrieren allen amerikanischen Arbeitnehmern und Verbrauchern", hört man ihn sagen. Erneut folgt ein Schnitt der Originalansprache: Die kanadische Regierung spielt nun einen Satz ab, den der frühere US-Präsident zu einem späteren Zeitpunkt in seiner Rede äußerte: "Hohe Zölle führen unweigerlich zu Vergeltungsmaßnahmen seitens anderer Länder und lösen heftige Handelskriege aus." In der Originalansprache folgen zwei weitere Sätze zu den Folgen von hohen Zöllen, die in dem Werbespot ausgespart wurden. Der nächste Satz ist wieder im Video der kanadischen Provinz zu hören: "Dann kommt es zum Schlimmsten: Die Märkte schrumpfen und brechen zusammen, Unternehmen und Branchen schließen, und Millionen von Menschen verlieren ihren Arbeitsplatz." Nun springt der Spot wieder zu einer früheren Passage der Rede: "Weltweit wächst die Erkenntnis, dass der Weg zum Wohlstand für alle Nationen darin besteht, protektionistische Gesetze abzulehnen und einen fairen und freien Wettbewerb zu fördern." Am Ende zeigt das Video auch Reagan selbst und schließt mit dem letzten Satz seiner Ansprache: "Amerikas Arbeitsplätze und Wachstum stehen auf dem Spiel." US-Organisation beklagt Selektivität Mit dem Schnitt, der zwischen den zitierten Passagen keine Pausen lässt, erweckt die kanadische Regierung den Eindruck, dass Reagan die Äußerungen in dieser Reihenfolge getätigt hat. Die Kernaussage, dass Reagan sich für freien Handel ausspricht und vor negativen Auswirkungen von Zöllen warnt, bleibt erhalten. Die US-Organisation The Ronald Reagan Presidential Foundation & Institute reagierte bereits auf den Werbespot und beklagt, dass die Macher des Videos die "selektiv genutzten" Aussagen irreführend im Video eingebettet hätten. Zudem seien die Aufnahmen ohne Genehmigung für den Werbeclip verwendet worden. Man prüfe rechtliche Schritte, hieß es in einer Mitteilung der Organisation auf X. Trump reagiert empört Auf diese Mitteilung wurde offenbar auch US-Präsident Trump aufmerksam. Auf seiner Plattform Truth Social schrieb er: "Die Ronald Reagan Foundation hat gerade bekannt gegeben, dass Kanada in betrügerischer Absicht eine FALSCHE Anzeige geschaltet hat, in der Ronald Reagan sich negativ über Zölle äußert." Dies sei einzig und allein geschehen, um die Entscheidung des Obersten Gerichtshofs der Vereinigten Staaten und anderer Gerichte zu beeinflussen, mutmaßt der US-Präsident. Dann schreibt er in Großbuchstaben weiter: "ZÖLLE SIND FÜR DIE NATIONALE SICHERHEIT UND DIE WIRTSCHAFT DER USA SEHR WICHTIG. Aufgrund ihres ungeheuerlichen Verhaltens werden hiermit ALLE HANDELSVERHANDLUNGEN MIT KANADA BEENDET." In dieser Beziehung stehen die USA und Kanada Die traditionell freundschaftlichen Beziehungen zwischen Kanada und den USA hatten sich mit dem Amtsantritt von Trump im Januar bereits deutlich verschlechtert. Der US-Präsident verfolgt eine aggressive Zollpolitik gegenüber dem nördlichen Nachbarn. Unter anderem hatte Trump in diesem Jahr Zölle in Höhe von 25 Prozent auf kanadischen Stahl, Aluminium und Autos verhängt. Die Regierung in Ottawa reagierte mit Gegenzöllen. Im August erhöhte Trump die Zölle auf kanadische Produkte dann auf 35 Prozent. Zum Vergleich: Der US-Zollsatz für Autos aus der EU liegt bei 15 Prozent, was der deutschen Automobilindustrie deutlich zu schaffen macht. Eigentlich schien die Stimmung sich zuletzt wieder aufzuhellen: Wochenlang verhandelten beide Seiten über eine mögliche Einigung für die Stahl- und Aluminiumbranche. Erst vor rund zwei Wochen war der kanadische Premierminister Mark Carney nach Washington gereist, um eine Lockerung der US-Zölle zu erreichen. Dort hatte Trump freundliche Worte an Carney gerichtet: Man wolle Vereinbarungen treffen, die für beide Länder gut seien. Man habe Fortschritte in den vergangenen Monaten gemacht. Zugeständnisse machte Trump jedoch nicht. Er betonte, man konkurriere als Nachbarländer in Branchen wie der Automobil- und Stahlindustrie. Außerdem will die Trump-Regierung mit ihrer Zollpolitik erreichen, Produktionsstätten in den USA anzusiedeln. Ontario reagiert Inzwischen kündigte Ontarios Premierminister Ford auf der Plattform X an, nach einem Gespräch mit Carney werde Ontario seine Werbekampagne ab Montag aussetzen. Ford begründete die Pause für den Werbeclip damit, dass so die Gespräche wieder aufgenommen werden können. Er betonte, dass die Werbekampagne dieses Wochenende weiterhin gezeigt werde. Man habe das Ziel erreicht, indem das amerikanische Publikum auf höchster Ebene erreicht worden sei. Die Intention sei gewesen, eine Diskussion darüber anzustoßen, welche Folgen Zölle auf Arbeitnehmer und Firmen haben. Trump: "Das ist ein schmutziges Spiel" Dem US-Präsidenten reicht dieser Schritt nicht aus. Er warf Kanada ein "schmutziges Spiel" vor. "Ich wusste nicht, dass sie sie noch ein bisschen laufen lassen. Sie hätten sie heute Abend absetzen können", sagte Trump am Freitag weiter vor Journalisten. "Das ist ein schmutziges Spiel. Aber ich kann noch schmutziger spielen als sie", fügte er hinzu. Kanadas Regierungschef Carney sagte vor seinem Abflug nach Asien, Kanada sei bereit, auf die jüngsten Fortschritte bei den Handelsgesprächen "aufzubauen, wenn die Amerikaner bereit sind". Carney und Trump könnten sich am Rande von Gipfeltreffen der Asean- und Apec-Staaten begegnen, die ab Sonntag in Malaysia und Südkorea stattfinden. Der US-Präsident sagte jedoch, er habe nicht vor, Carney zu treffen.