Vogelgrippe in Österreich: Risiko für Mensch und Tier wächst

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Die Vogelgrippe gilt als eines der Viren, das die nächste Pandemie auslösen könnte. Was ist derzeit bekannt? Für Geflügel endet eine Infektion mit der Vogelgrippe in der Regel tödlich. Österreich hat nun das gesamte Land als Risikogebiet eingestuft. Betroffen davon sind vor allem Geflügelhalter. Mehr dazu lesen Sie hier. Doch das Virus kann auch dem Menschen gefährlich werden. Es gilt als Erregerkandidat, der die nächste Pandemie auslösen kann. Das Besorgniserregende: Das hochinfektiöse Virus springt auf immer mehr Arten über. Zugvögel haben es weltweit verbreitet und es nicht nur in Geflügelställe eingeschleppt. Infiziert wurden bereits unter anderem Nerze, Pinguine, Füchse, Katzen und Tiger. In den USA sprang das Virus auf Rinder über, jüngst wurde das Virus auch bei Schweinen nachgewiesen. Ein sogenannter Spillover – der Sprung auf andere Arten – ist nicht unüblich. Doch besonders bedrohlich: Das Virus kommt dem Menschen immer näher. Denn auch Menschen haben sich bereits infiziert. Allerdings ist die direkte Mensch-zu-Mensch-Übertragung noch relativ selten. Wie ist der Stand? In den USA wurde im März erstmals bestätigt, dass der Erreger H5N1 der Klade (Variante) 2.3.4.4b bei Milchkühen nachgewiesen wurde. Ende März wurde der erste Landarbeiter positiv auf das Virus getestet. Wie der Nachrichtensender "CNN" unter Berufung auf texanische Forscher berichtet, suchte der Molkereiarbeiter einen Arzt auf, nachdem er schmerzhafte rote, geschwollene, nässende Augen mit geplatzten Blutgefäßen bekam. Er habe jedoch kein Fieber gehabt und seine Lungen waren frei, heißt es in der von den Wissenschaftlern veröffentlichten Studie. Nach dem neuesten Stand haben sich in den USA seit dem Ausbruch 46 Personen infiziert. Fast alle von ihnen hatten direkten Kontakt zu Milchvieh oder Geflügel. Eine direkte Mensch-zu-Mensch-Übertragung ist nicht nachgewiesen, es gibt jedoch Verdachtsfälle. Welche Symptome zeigen sich bei einer Infektion? Bislang verliefen die Erkrankungen nach einer Infektion beim Menschen eher leicht bis mittelschwer, erklärte die US-Gesundheitsbehörde CDC. Es zeigen sich die grippeüblichen Symptome wie Fieber, Halsschmerzen , Atemnot und Husten. Auch Bindehautentzündung , Nasen- oder Zahnfleischbluten, Durchfall, Erbrechen und Bauchschmerzen werden berichtet. Neurologische Symptome (Krampfanfälle) und Gehirnentzündung können ebenfalls mit einer Vogelgrippe-Infektion in Verbindung stehen. Allerdings wurden solche Fälle beim aktuellen Ausbruch bislang nicht berichtet. Wie wird die Gefahr eingeschätzt? Die amerikanische Gesundheitsbehörde stuft die Gefahr für die Allgemeinheit bislang als gering ein. Derzeit sei die Vogelgrippe vor allem ein Problem für die Gesundheit von Tieren. Wörtlich heißt es: "Die Übertragung des Vogelgrippevirus von einer infizierten Person auf eine enge Kontaktperson ist in anderen Ländern in der Vergangenheit nur selten vorgekommen. Und wenn es doch passierte, war dies begrenzt und nicht anhaltend und erstreckte sich nicht über enge Kontaktpersonen hinaus." Wie ist die Vorgeschichte? Das Virus zirkuliert in den amerikanischen Milchbetrieben mindestens schon seit November 2023, wurde also monatelang nicht entdeckt. Das US-Landwirtschaftsministerium bestätigte am 25. März offiziell das Vorhandensein des H5N1-Virus bei Milchkühen in Texas . Das US-Agrarministerium ordnete unter anderem an, dass nur noch Milchkühe mit negativem Vogelgrippe-Test von einem US-Staat zum anderen transportiert werden dürfen. Experten sehen das als unzureichend an. "Das ist ein Tropfen auf den heißen Stein", sagte Mike Worobey von der University of Arizona dem Magazin "Science". Diese Begrenzung sei vergleichbar mit der des Flugverkehrs zu Zeiten von Covid, jeweils "lange, nachdem sich die Viren an einem bestimmten Ort etabliert haben." Es könnte schlicht zu spät sein. Kann H5N1 eine neue Pandemie auslösen? Mitte April meldete sich bereits die WHO zu Wort. Ihr leitender Wissenschaftler Dr. Jeremy Farrar zeigte sich besorgt, da das Vogelgrippevirus unter den Infizierten auf der ganzen Welt eine "extrem hohe" Sterblichkeitsrate aufweise. Von entscheidender Bedeutung sei es, ob eine Übertragung von Mensch zu Mensch stattfinden könne. Auch der Evolutionsbiologe Michael Worobey warnt: "Wir befinden uns hier auf Neuland, da sich ein an Säugetiere angepasstes H5N1-Virus zum ersten Mal in Landsäugetieren ausbreitet, mit denen Hunderttausende von Menschen jeden Tag in Kontakt kommen", sagt er mit Blick auf die Situation in den USA. Das nächste Pandemie-Virus werde von einer Situation kommen, die dieser sehr ähnlich sei. Eine ähnliche Situation wie zu Beginn der Corona-Pandemie sieht auch Jerome Adams. Er leitete bis 2021 den öffentlichen Gesundheitsdienst in den USA. Gegenüber "Business Insider" erklärte er: "Wenn es sich bei Tieren weiter ausbreitet, wird es irgendwann zu Problemen für den Menschen führen, entweder weil wir keine Nahrung haben, weil sie mit der Ausrottung von Herden beginnen müssen oder weil es beim Menschen einen großen Sprung macht." Und er warnt: "Je mehr es sich repliziert, desto größer ist die Chance, dass es mutiert." Seine Sorge sei, dass wir immer wieder die gleichen Fehler machen, so Adams weiter. "Weil wir uns ständig auf die falschen Dinge konzentrieren, anstatt uns auf die wesentlichen Dinge zu konzentrieren." Um Ausbrüche bei Nutztieren einzudämmen, müssten diese getestet werden, was die Lebensmittelpreise ansteigen lassen würde. Adams forderte, der öffentlichen Gesundheit Priorität einzuräumen – und nicht der Konzentration auf mögliche Gewinnverluste. Was würde bei einem Ausbruch passieren? Dass das Virus hochgefährlich ist, erläutert auch der Direktor der klinischen Virologie an der Mayo Clinic, Matthew Binnicker, bei "Forbes": "Der hochpathogene Vogelgrippe-Subtyp H5N1 wurde erstmals 1996 in Südchina bei einem Ausbruch bei heimischen Wasservögeln identifiziert und führte zu mehr als 850 Infektionen beim Menschen mit einer Sterblichkeitsrate von mehr als 50 Prozent." Doch er weist auch darauf hin, dass es bis heute selten zu Ausbrüchen kam, sodass das Virus aufmerksam beobachtet und erforscht werden konnte. Binnicker betont zudem, dass zwei Instrumente, deren Fehlen zu Beginn des Corona-Ausbruchs 2020 besonders problematisch waren, bei H5N1 bereits zur Verfügung stehen. "Eine der größten Herausforderungen in den ersten Wochen der Covid-19-Pandemie bestand darin, dass wir keine Möglichkeit hatten, herauszufinden, wer infiziert war. Dies führte dazu, dass Fälle unerkannt blieben, und förderte die Ausbreitung des Virus. Im Gegensatz dazu erkennen einige Tests, die wir derzeit zur Diagnose menschlicher Influenza verwenden – insbesondere molekulare Tests (zum Beispiel PCR) – Vogelgrippestämme, einschließlich H5N1." Und noch etwas würde zu einer rascheren Bekämpfung des Virus beitragen: Es gibt bereits einen Impfstoffkandidaten, sodass die Erforschung und die Erprobung wegfallen würden. Und darüber hinaus sieht Binnicker noch einen Vorteil: Gegen Grippeinfektionen steht eine Reihe antiviraler Medikamente zur Verfügung. In Europa gebe es noch keine Hinweise auf eine Infektion von Milchkühen mit dem Virus, betont der Virologe Martin Schwemmle vom Universitätsklinikum Freiburg. Dies könne sich jedoch jederzeit ändern, wenn es aus den USA komme oder sich in Europa selbst entwickle.
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