Wann eine Krankschreibung mit Tinnitus sinnvoll ist

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Tinnitus belastet – doch eine Krankschreibung hilft nicht immer. Wie sich Ohrgeräusche lindern und die Arbeitsfähigkeit sichern lassen. Wen der Tinnitus plagt, der kann sich vom Arzt krankschreiben lassen. Die Dauer hängt vom Einzelfall und der Intensität der Beschwerden ab. Oft werden Betroffene zunächst für ein paar Tage bis zwei Wochen krankgeschrieben. Wann eine Krankschreibung bei Ohrgeräuschen sinnvoll ist, warum sie nicht immer guttut und was Betroffenen helfen kann. Ein Volksleiden: Tinnitus betrifft viele Menschen Laut dem Bundesministerium für Gesundheit haben 5 bis 15 Prozent der Erwachsenen irgendwann länger andauernde Ohrgeräusche. Tinnitus ist der lateinische Begriff für "Klingeln". Die Ohrgeräusche, die Betroffene wahrnehmen, können ein Klingeln sein, aber auch ein Pfeifen, Piepen, Brummen, Summen, Klopfen oder Rauschen. Intensität und Lautstärke der Ohrgeräusche können variieren. Sie können einseitig oder beidseitig auftreten. Sie können kommen und gehen oder dauerhaft präsent sein. Oft erheblicher Leidensdruck durch Tinnitus Je nach Ausprägung kann Tinnitus mit einem erheblichen Leidensdruck verbunden sein. Laut der Deutschen Tinnitus-Liga e. V. leiden rund 1,5 Millionen Menschen hierzulande "sehr" unter ihren Ohrgeräuschen. Je länger Tinnitus anhält und je intensiver die Geräusche im Ohr wahrgenommen werden, desto belastender empfinden Betroffene die Situation. Von chronischem Tinnitus sprechen Experten, wenn die Ohrgeräusche länger als drei Monate anhalten. Der Tinnitus-Liga zufolge bekommen etwa 250.000 Deutsche jährlich einen chronischen Tinnitus. Krankschreibung bei Tinnitus – hilft das? Tinnitus kann als starke Belastung wahrgenommen werden. Die Ohrgeräusche stören den Schlaf und die Regeneration, verursachen oft Sorgen und Ängste, schmälern die Konzentration und die Leistungsfähigkeit im Alltag und beeinträchtigen die Lebensqualität vieler Betroffenen erheblich. Die ständigen Geräusche im Ohr werden von vielen Betroffenen als zermürbend erlebt. Eine Krankschreibung kann kurzfristig helfen und entlasten – etwa bei akutem Beginn, starkem Stress oder wenn weitere gesundheitliche Beschwerden die Situation zusätzlich erschweren. Aus der Passivität in die Aktivität kommen Auf Dauer verstärken Rückzug und das Gefühl, krank und eingeschränkt zu sein, jedoch oft die Wahrnehmung des Tons – und damit auch die Angstspirale. Nicht selten verlagert sich während einer Krankschreibung die Aufmerksamkeit der Betroffenen verstärkt auf das Ohrgeräusch. Viele Betroffene fokussieren sich in Ruhephasen besonders intensiv auf den Ton. Das kann nicht nur die Wahrnehmung verstärken, sondern auch die empfundene Belastung. Eine Krankschreibung ist daher eine kurzfristige Maßnahme. Langfristig ist es für Betroffene wichtig, aus dem Gefühl der Hilflosigkeit herauszukommen und die Erfahrung zu machen, aktiv etwas beizutragen und gegen den Tinnitus tun zu können. Zu wissen, den Ohrgeräuschen nicht ausgeliefert zu sein, stärkt das Gefühl der Selbstwirksamkeit und unterstützt den Umgang mit den Geräuschen im Ohr. Was kann Tinnitus lindern? Je stärker Tinnitus in das Leben eingreift, desto wichtiger sind Maßnahmen, die dabei helfen, die Aufmerksamkeit von den Ohrgeräuschen weitestgehend wegzulenken und zugleich einen Umgang mit den störenden Geräuschen zu finden. Laut der Tinnitus-Liga ist die kognitive Verhaltenstherapie die Behandlung der Wahl bei belastendem Tinnitus. Die Therapie verfolgt den Ansatz, dass die Tinnitus-Belastung weniger von der Lautstärke der Ohrgeräusche abhängt als davon, wie man damit umgeht. Die Therapie hat das Ziel, Betroffenen dabei zu helfen, Bewältigungsstrategien zu entwickeln (Tinnitus-Counseling), die zu ihren Bedürfnissen passen. Das gibt im Alltag mehr Halt und Sicherheit und lindert Gefühle von Kontrollverlust und Frust. Was noch bei Ohrgeräuschen hilft Ergänzend zu Tinnitus-Counseling und kognitiver Verhaltenstherapie können gegebenenfalls hörtherapeutische Maßnahmen helfen, aber auch Selbsthilfegruppen sowie die Behandlung begleitender psychischer Erkrankungen, etwa einer Angststörung oder Depression. Auch Entspannungsverfahren können als hilfreich erlebt werden, ebenso Schlaf- und Stressmanagement. Alle diese Maßnahmen wirken stärkend und entlastend und helfen zugleich dabei, die Arbeitsfähigkeit zu erhalten. Warum häufige Krankschreibungen wegen Tinnitus nicht immer helfen Ist der Tinnitus phasenweise sehr belastend, kann eine Krankschreibung Druck aus der Situation nehmen. Langfristig allerdings sind Krankschreibungen eher kontraproduktiv. Nicht nur, dass sich viele Betroffene während einer Krankschreibung besonders stark auf die Töne im Ohr fokussieren – was die empfundene Belastung verstärkt. Längere Krankschreibungen nehmen zudem die Chance auf eine Alltagsstruktur, soziale Kontakte und Erfolgserlebnisse. Das begünstigt Grübeln, Unzufriedenheit und Angst. Ein guter Umgang mit Tinnitus gelingt, wenn der Alltag gelebt – und auch genossen – werden kann. Dafür sind eine Alltagsstruktur, Ablenkung von den Ohrgeräuschen, eine moderate Geräuschumgebung, die Unterstützung durch sozialen Austausch und eine aktive Bewältigung hilfreich – nicht dauerhafte Stille und Rückzug. Wann eine Krankschreibung mit Tinnitus sinnvoll ist Eine Krankschreibung mit Tinnitus wird in der Regel als entlastend erlebt, wenn: die akute Belastung sehr stark ist. Die Krankschreibung schafft Zeit für Diagnostik und Hilfemaßnahmen. ein akustisches Trauma oder ein Hörsturz vorliegt. Eine sofortige Abklärung durch einen Hals-Nasen-Ohrenarzt sowie das Einleiten der Akuttherapie mit ausreichend Schonung ist wichtig. ausgeprägte Komorbiditäten hinzukommen, etwa Angst, Depression, Panik oder schwere Insomnie (Schlafstörung). Hier verschafft eine begrenzte Krankschreibung Stabilität, bevor eine strukturierte Behandlung startet. ein Beruf mit hoher Lärmbelastung ausgeübt wird. Eine vorübergehende Freistellung schafft Zeit, um eine Anpassung der Arbeitssituation umzusetzen, etwa entsprechende Hörschutzmaßnahmen. die berufliche Situation eine hohe Konzentration erfordert, die bei starkem Tinnitus nicht gewährleistet ist, etwa Busfahren, Maschinen bedienen, Pflegetätigkeit oder Ähnliches. Eine Krankschreibung ist eine zeitlich begrenzte Maßnahme. Das langfristige Ziel ist die Rückkehr in Alltag und Arbeit mit unterstützenden therapeutischen Maßnahmen und Anpassungen. Im Job: Anpassungen statt Rückzug Folgende Anpassungen können dabei helfen, die Tinnitusbelastung im Beruf zu senken: Lärm reduzieren: Hörschutz nach Bedarf, Umsetzung technischer Maßnahmen am Arbeitsplatz. Aufgaben dosieren: Klare Prioritäten setzen, Pausen einplanen. Offene Kommunikation: Vorgesetzte und Kollegen informieren und konkrete Bedürfnisse kommunizieren, zum Beispiel flexible Pausen. Vielleicht gibt es auch Möglichkeiten, leise Musik im Hintergrund laufen zu lassen oder andere Maßnahmen umzusetzen. Arbeitszeit anpassen: Kurzfristig kann eine Reduzierung der Arbeitszeit hilfreich sein. Entlastend in einer Akutphase ist vielleicht Homeoffice. Warnzeichen: Wann ärztliche Hilfe notwendig ist Betroffene sollten einen Arzt oder eine Ärztin aufsuchen, bei: akutem Tinnitus mit Hörminderung, Ohrdruck, Schwindel oder neurologischen Ausfällen einseitigem, neu aufgetretenem Tinnitus pulsierendem, rhythmischem Tinnitus (Verdacht auf Gefäßursachen) Ohrenschmerzen, Ausfluss, Fieber starkem Leidensdruck oder Schlaflosigkeit Eine Krankschreibung kann bei Tinnitus kurzfristig entlasten, aber sie ersetzt keine Behandlung. Die wirksamen Bausteine sind Diagnostik, kognitive Verhaltenstherapie, Tinnitus-Counseling, Geräuschtherapie, Hörgeräte bei Hörverlust, Schlaf- und Stressmanagement sowie Anpassungen im Berufsalltag. So lassen sich Belastung verringern.
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