Viele Banken werben mit günstigen Überweisungen, doch oft steckt der Teufel im Wechselkurs. Eine neue Studie zeigt, wie Kunden unbemerkt draufzahlen. Wer Geld ins Ausland überweist oder in eine andere Währung tauscht, zahlt oft mehr als gedacht: Neben einer klar ausgewiesenen Gebühr spielt der Wechselkursaufschlag eine zentrale Rolle. Viele Institute rechnen nicht mit dem echten Marktkurs, sondern mit einem für Kundinnen und Kunden ungünstigeren Kurs. Eine aktuelle Studie des Technologieunternehmens Wise beziffert diese Gebühren weltweit auf einen mittleren dreistelligen Milliardenbetrag. Emmanuel Thomassin, CFO von Wise und früher Manager bei Delivery Hero , erklärt im Gespräch mit t-online, dass der Wechselkurs von Banken und Zahlungsdienstleistern meist dazu genutzt werde, um Kosten zu verstecken. Häufig wüssten Bankkunden vorab weder den exakten Kurs noch den Zeitpunkt des Umtauschs – gerade wenn mehrere Banken zwischen Absender und Empfänger geschaltet sind. Doch wie erkennen Verbraucher und Unternehmen vor einer Transaktion, was sie wirklich zahlen? Und wie umgehen sie die Kostenfalle? Fehlende Transparenz bei Auslandsüberweisungen Die G20-Studie von Edgar & Dunn im Auftrag des britischen Fintechs Wise hat untersucht, wie transparent Gebühren und Wechselkurse bei Auslandsüberweisungen sind. Dabei wurde das Volumen versteckter Kosten für Konsumenten sowie kleine und mittelständische Unternehmen (KMU) in Deutschland ermittelt. Die Erhebung umfasste zwei Schritte: Es wurde nicht nur der angebotene Wechselkurs mit dem mittleren Marktkurs (Interbankenkurs) verglichen, sondern es wurden auch die Gesamteinnahmen der Anbieter analysiert, um den tatsächlichen Anteil des versteckten Aufschlags auf den Umtauschkurs von Währungen realistisch schätzen zu können. Zudem wurde für die Studie ein aktuelles Länderranking unter den G20-Staaten erstellt, in das Kriterien wie Rechtslage und Aufsichtspraxis eingeflossen sind. Außerdem erfolgte ein Praxischeck ("Mystery Shopping"): In jedem G20-Land wurden reale Überweisungen bei sechs großen Anbietern durchgeführt. Bewertet wurde, wie klar Kunden Gebühren und Wechselkurse vor der Transaktion erkennen konnten. Versteckte Gebühren im Zahlungsverkehr Ergebnis: Trotz politischer Zusagen bleibt der internationale Zahlungsverkehr für viele Verbraucher und Unternehmen intransparent und teuer. Weltweit summierten sich den Experten zufolge die versteckten Gebühren auf rund 235 Milliarden Euro pro Jahr. Allein in Deutschland zahlen Kunden der Studie zufolge jährlich 11,8 Milliarden Euro zu viel. Ein großer Anteil entfällt dabei auf Firmenüberweisungen. Demnach erreicht nur das Vereinigte Königreich vollständige Transparenz und damit fünf von fünf Punkten im Länderranking. Dort müssen Finanzinstitute ihren Kunden vor jeder Transaktion genau anzeigen, welche Gebühren anfallen und zu welchem Kurs gewechselt wird. Die Europäische Union schneidet etwas schlechter ab: Sie erreicht vier von fünf Punkten, weil viele Banken Gebühren weiterhin im Wechselkurs verstecken. So werden Gebühren versteckt "Der Wechselkurs ist meist das, in dem alle Kosten versteckt werden", sagt Emmanuel Thomassin. Banken und Geldtransferdienste zeigten ihren Kunden häufig einen pauschalen Kurs an, der vom tatsächlichen Marktkurs abweiche. Diese Differenz, der sogenannte Spread, fließe direkt in die Marge des Instituts ein. In der Praxis bedeutet das: Wer beispielsweise Geld aus Deutschland in die USA überweist, sieht vorab oft weder den genauen Wechselkurs noch den Zeitpunkt, zu dem der Umtausch erfolgt. Zwischen Absender- und Empfängerbank sind meist mehrere Institute geschaltet, die jeweils eigene Gebühren erheben oder den Kurs zu ihrem Vorteil anpassen. Erst am Ende der Transaktion wird sichtbar, wie viel wirklich angekommen ist – und wie viel die Überweisung tatsächlich gekostet hat. Laut Thomassin ist diese Praxis nicht illegal, aber problematisch: Sie erschwert Preisvergleiche und verschleiert, welche Bank oder welcher Dienst am meisten verdient. Einige Institute werben sogar mit "gebührenfreien Überweisungen", obwohl sie über den Wechselkurs höhere Gewinne erzielen. "Die Bank kann sagen, sie verlangt keine Gebühr, verdient aber mehr am Wechselkurs. Das variiert von Anbieter zu Anbieter, bleibt aber intransparent", so Thomassin. Was Banken und Fintechs ändern müssen Die G20-Staaten haben sich bereits 2020 verpflichtet, grenzüberschreitende Zahlungen schneller, günstiger und transparenter zu machen. In der Realität ist davon laut der Wise-Studie bislang wenig angekommen. Zwar fordert die EU mit der Cross-Border Payments Regulation (CBPR2), dass Banken und Zahlungsdienstleister ihren Kunden alle Kosten und den verwendeten Wechselkurs vor der Transaktion offenlegen. Doch viele Institute umgehen diese Vorschrift, indem sie Gebühren weiterhin in den Kurs einrechnen oder unvollständig ausweisen. Thomassin sieht darin ein strukturelles Problem, das nur durch mehr Wettbewerb und technische Modernisierung gelöst werden kann. "Viele Finanzinstitute sind gezwungen, ihre Systeme zu modernisieren und neue Partnerschaften einzugehen, um grenzüberschreitende Zahlungen effizienter und transparenter zu gestalten", sagt er. Fintechs, also Unternehmen, die mithilfe von Technologien wie Apps, Software und KI Finanzdienstleistungen vereinfachen, könnten dabei eine wichtige Rolle spielen. Sie nutzen moderne Schnittstellen, um Geldtransfers direkt und ohne Zwischenschritte abzuwickeln. Geplante Kooperationen wie jene der Sparkassen mit der Bank of New York Mellon wertet er nicht als Angriff auf Fintechs, sondern eher als Teil eines notwendigen Wandels im internationalen Zahlungsverkehr. Die amerikanische Investmentbank Morgan Stanley sowie europäische Großbanken wie die UniCredit und die Raiffeisenbanken nutzen bereits die technologische Infrastruktur von Fintechs, um ihren Kunden schnelle und transparente Geldtransfers zu ermöglichen. Langfristig, so der Wise-Finanzchef, werde sich der Markt nur dann ändern, wenn Transparenz zur Standardpflicht wird. "Der Kunde muss schon vor dem Klick wissen, was er zahlt – nicht erst danach", fasst Thomassin zusammen. Direkter Zugang zu nationalen Zahlungssystemen Beim sogenannten "Direct Access", also dem direkten Zugang von Nicht-Banken zu nationalen Zahlungssystemen, vergibt die Studie die Höchstwertung an die EU. Zu den Nicht-Banken zählen Finanzdienstleister ohne Vollbanklizenz, darunter europäische Fintech-Unternehmen wie Wise oder Revolut sowie asiatische Anbieter wie Airwallex, Payoneer und Remitly. Sie führen beispielsweise Geldtransfers durch oder wechseln Währungen und greifen dabei auf eigene Technologie und Infrastruktur zurück. Der Grund: Die überarbeitete Settlement Finality Directive (SFD) erlaubt es inzwischen auch Fintechs, unmittelbar am Zahlungsverkehr teilzunehmen. In der Praxis hapert es aber auch hier an der Umsetzung: Länder wie Deutschland, Frankreich und Italien setzen die Richtlinie nur teilweise um. Dennoch sieht Thomassin darin einen entscheidenden Hebel für mehr Wettbewerb: "Wenn Nicht-Banken Zugang zu Zahlungssystemen haben, sinken die Kosten und steigen Geschwindigkeit und Transparenz." Bis das bei allen Banken und in allen Ländern gilt, dürfte es allerdings noch dauern. Wechselkurse genau prüfen Verbraucher und Unternehmen können sich selbst vor überhöhten Gebühren schützen, wenn sie Angebote vergleichen und kritisch hinterfragen. Wer Geld ins Ausland überweist oder in eine andere Währung umtauscht, sollte immer prüfen, welcher Wechselkurs zugrunde gelegt wird – am besten im Vergleich zum echten Marktkurs. Interbankenmarktkurse, die sogenannte Mid-Market-Rate, lassen sich beispielsweise beim Bankenverband einsehen, bei Google oder Reuters abrufen. Weicht der von Banken angebotene Kurs stark ab, steckt meist ein versteckter Aufschlag dahinter. Seien Sie auch bei Angeboten vorsichtig, die mit "Null-Gebühren" werben. Schauen Sie immer ganz genau hin: Oft ist die höchste Gebühr nicht die ausgewiesene Überweisungsgebühr, sondern der versteckte Aufschlag, den die Banken im Wechselkurs einpreisen.