Zähneputzen gehört für die meisten Menschen zur täglichen Routine, doch Untersuchungen zeigen: Nur wenige machen es wirklich richtig. Zweimal täglich, mindestens zwei Minuten lang: Diese Regel befolgen viele seit ihrer Kindheit. Tatsächlich putzt die Mehrheit der Menschen in Deutschland regelmäßig die Zähne. Doch neue Forschungsergebnisse zeigen: Die meisten erreichen damit keine ausreichende Reinigung. Das kann Folgen haben, etwa in Form von Zahnfleischentzündungen oder Parodontitis. Studien zeigen große Putzdefizite – auch bei motivierten Menschen Renate Deinzer, Medizinpsychologin an der Justus-Liebig-Universität Gießen, beschäftigt sich seit Jahren mit dem Zahnputzverhalten. In Laborstudien mit über 1.000 Personen konnte ihr Forschungsteam nachweisen, dass selbst nach sorgfältigem Zähneputzen bei den meisten Menschen rund 50 Prozent des Zahnfleischrandes von Plaque bedeckt bleiben. Der Grund: Viele konzentrieren sich beim Putzen auf die Kauflächen und weniger auf die schwer erreichbaren Zahnzwischenräume und Innenflächen. "Viele Menschen sind sich der Bedeutung des Putzens am Zahnfleischrand offensichtlich nicht bewusst", sagt Deinzer. Selbst Personen, die sich Mühe geben, schaffen es laut Studie selten, die Zähne vollständig zu reinigen – es sei denn, sie sind speziell geschult oder arbeiten selbst in der Zahnmedizin. Neues Gel: Forscher feiern Durchbruch in der Zahnmedizin Nicht generell gesund: Diese Vitaminbomben schaden Ihren Zähnen Auch moderne Zahnbürsten ändern daran wenig. Die Forscher fanden Defizite bei der Mundhygiene, unabhängig vom Zahnbürstentyp. Elektrische Zahnbürsten verbessern zwar die Reinigungsleistung, aber nur, wenn sie systematisch und mit der richtigen Technik eingesetzt werden. Bevölkerungsstudie bestätigt Ergebnisse aus dem Labor Im Rahmen der 6. Deutschen Mundgesundheitsstudie (DMS 6) haben die Forscher das Zahnputzverhalten erstmals auf Video aufgezeichnet. Dabei zeigte sich: Putzdefizite sind weitverbreitet – unabhängig davon, ob Menschen jung oder alt, männlich oder weiblich sind. Selbst mit besten Bedingungen im Untersuchungsraum gelang es kaum jemandem, die Zähne vollständig sauber zu bekommen. Neuer Ansatz: Zahnbürsten mit Sensoren und KI Das Forschungsteam will nun Zahnbürsten entwickeln, die mithilfe von Sensoren und Künstlicher Intelligenz erkennen, wo nicht gründlich genug geputzt wurde. Diese Technik könnte helfen, individuelle Schwächen zu erkennen und das Putzen langfristig zu verbessern. Deinzer empfiehlt außerdem, die professionelle Zahnreinigung in der Zahnarztpraxis stärker als Lernmoment zu nutzen. Wer vor der Behandlung selbst putzt und dann eingefärbte Beläge sieht, erkennt eigene Schwächen sofort. So lassen sich persönliche Hinweise geben, etwa zur richtigen Putztechnik oder zu Problemstellen im Gebiss. Denn die gute Nachricht ist: Das richtige Zahnputzverhalten lässt sich lernen. "Das ist wie Schönschreiben in der Schule. Man hat es gelernt, doch selbst wenn man es einmal gut konnte, muss man es immer wieder üben, um gut zu bleiben", so Deinzer.