"ZDF-Fernsehgarten" im Wandel? Messerwarnungen werfen Fragen auf

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Auch der "Fernsehgarten" muss sich neuen Realitäten stellen. Bedrohungsszenarien stellen die ZDF-Produktion vor Herausforderungen, wie t-online-Recherchen zeigen. Wer an den "ZDF-Fernsehgarten" denkt, hat Bilder einer schrillen Moderatorin vor Augen, kuriose Spiele oder Auftritte von Schlagerstars. Womöglich schießt einem auch der Gedanke an die eigentümliche Mischung des Publikums durch den Kopf: Männer in bunten Kostümen, Frauen, die gekleidet sind wie bei Junggesellinnenabschieden im Altstadtkern einer x-beliebigen deutschen Kleinstadt. Aber wer bitte schön denkt an Messerangriffe? Oder an einen verstärkten Personenschutz für Andrea Kiewel ? Wie t-online erfahren hat, sind das Themen, die die Verantwortlichen des ZDF-Formats sehr wohl umtreiben. Der langjährige "Fernsehgarten"-Koch Armin Roßmeier sagt t-online im Interview, die Sicherheitsmaßnahmen würden seit Jahren verschärft: "Seit dem ersten Anschlag auf einen Weihnachtsmarkt in Berlin im Dezember 2016. Damit fing alles an." Zuletzt habe die Produktion den Personenschutz und die Kontrollen noch einmal verstärkt. Ein ungewöhnlicher Vorgang, der teils bizarre Folgen hat, wie Roßmeier erklärt. "In der ersten Sendung dieses Jahres haben mich alle angemacht, ich hätte meine Messer nicht gefunden. Nein, das waren die Vorsichtsmaßnahmen. Am Set dürfen keine Messer mehr offen auf dem Tisch liegen." Armin Roßmeier: "Wenn ich das Gejammer heute höre" "ZDF-Fernsehgarten": Andrea Kiewels komplizierte Rechnung "Kiwi" unter Druck wie nie: Was wird aus dem ZDF-Star? Was früher normal war, ist heute streng verboten. Die Gefahrenlage wird inzwischen anders bewertet. Der Grund: "Die Zuschauer stehen rund um mein Set, das sind nur zwei Meter zwischen denen, Andrea Kiewel und mir. Jeder weiß, ein Kochmesser ist eine Waffe, vor allem die Profi-Messer, die wir benutzen", so Armin Roßmeier. Moderatorin Andrea Kiewel wird bei den "Fernsehgarten"-Ausstrahlungen auf Schritt und Tritt von mindestens einem Personenschützer begleitet, teilweise sind es auch mehrere Männer. Bilder aus den Übertragungen zeigen meist einen groß gewachsenen, unauffällig gekleideten Mann mit Sonnenbrille, der sich im Hintergrund aufhält und die unmittelbare Umgebung im Auge behält. 130 Mitarbeiter, bis zu 6.000 Zuschauer Die Messergewalt der vergangenen Jahre: Sie ist offenbar auch am "ZDF-Fernsehgarten" nicht spurlos vorbeigegangen. Angriffe auf offener Straße, Messerattacken mit Todesfolge oder islamistischer Terror wie bei dem Szenario im August 2024 in Solingen wirken nach. Live-Veranstaltungen mit Publikum vor Ort, wie es bei der ZDF-Sendung vom Mainzer Lerchenberg der Fall ist, werden mit besonderem Augenmerk behandelt. Schließlich sind auf dem 90.0000 Quadratmeter großem Areal pro Ausgabe neben den 130 Teammitgliedern 5.000 bis 6.000 Zuschauer auf dem Gelände. "Wir hatten es auch schon, dass eingegriffen werden musste. Ohne Personenschutz geht es nicht mehr", sagt Armin Roßmeier. Über Details könne er nicht sprechen: Wann und was genau vorgefallen ist, verrät der Fernsehkoch nicht. t-online hakt mit einem ausführlichen Fragenkatalog beim ZDF nach, will wissen: Welche Vorfälle sind gemeint – und wie genau hat sich das Sicherheitskonzept der Sendung verändert? Doch der Sender weicht aus und verweist auf Paragrafen aus der Versammlungsstättenverordnung (VStättVO) vom 13. März 2018. "Das von uns dazu befüllte Konzept folgt inhaltlich und vollständig dem Muster-Sicherheitskonzept für Veranstalter von öffentlichen Veranstaltungen unter freiem Himmel in Rheinland-Pfalz", teilt eine Sendersprecherin mit. ZDF spricht von "Vielzahl an Maßnahmen" Zu einem Eingriff aufgrund einer Sicherheitsbedrohung im "Fernsehgarten" gibt es keine Auskunft. Man habe "langjährige Erfahrungen in der Umsetzung stetig angereichert und immer wieder neu überprüft", heißt es dazu lediglich. Konkreter wird es nicht. Das ZDF treffe "eine Vielzahl entsprechender Maßnahmen" zum Schutz aller Beteiligten: Einlasskontrollen und ordnungsgemäße Besetzung der Zuschauerplätze werden als Beispiele genannt. Armin Roßmeier kennt die Praxis vor Ort. Seit 40 Jahren kocht er für die Show und ist pro Saison mehrmals auf dem Gelände. "Ich weiß, dass sich das auf die Kosten niederschlägt und die Sicherheitsvorkehrungen für das ZDF sehr teuer sind." Security-Firmen werden vor Ort eingesetzt und müssen bezahlt werden – auch moderne Technik sei angeschafft worden, spezielle Scanner für die Taschenkontrollen etwa. Das ZDF teilt auf Nachfrage allerdings nicht mit, wie hoch die Kosten zu beziffern sind. Recherchen von t-online auf Basis von Daten aus den Finanzberichten der Sender legen nahe, dass eine "Fernsehgarten"-Sendung Millionensummen verschlingt. Die Produktionskomplexität ist allein aufgrund der zahlreichen Gäste, der Bühnentechnik und des Live-Charakters hoch. Da fallen schnell Kosten von rund 1,5 Millionen Euro pro Ausgabe an. "Früher kamen die Leute sonntags, sind hineingestürmt, hatten eine Karte, ohne Kontrollen und ohne alles, haben sich hingesetzt", erzählt Armin Roßmeier. "Der Laden war mit sechs- bis siebentausend Leuten überfüllt. Das ist heute nicht mehr möglich."
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