ZDF-Show mit Jan Fleischhauer: "Der größte Pascha bist du doch du"

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Das ZDF geht mit "Keine Talkshow – Eingesperrt mit Jan Fleischhauer" neue Wege. Das Format erinnert in Gestalt und Wirkung an "Big Brother" und eine frühere ARD-Show. Kurt Krömer ist aber ganz schön alt geworden, kommt einem bei der Sichtung der neuen ZDF-Sendung "Keine Talkshow" in den Sinn. Schließlich hatte der Comedian jahrelang im RBB ein ähnliches Format: radikal reduziertes Setting, eingesperrt zwischen vier Wänden und maximale Konfrontation mit dem Gesprächspartner. Also "Big Brother" im Schnelldurchlauf und meist mit mehr Politik und weniger Gameshow-Anteil. Gleiches macht jetzt auch das ZDF , allerdings versucht der Moderator erst gar nicht, lustig zu sein. Jan Fleischhauer interpretiert seine Rolle in dem neuen, nach ihm benannten Format anders. Er sieht sich offenbar als Anheizer, möchte maximal kontroverse Positionen gegenüberstellen und zeigt sich dabei streit- wie angriffslustig, lautes Geschrei inklusive. "Ich fühle mich nicht integriert" ZDF-Chefredakteurin Bettina Schausten ließ vorab wissen: "In Zeiten polarisierter Positionen ist es wichtig, dass wir im Gespräch bleiben." Ab diesem Freitag ist in der ZDF-Mediathek die erste Folge mit Reyhan Şahin alias Lady Bitch Ray als Gast verfügbar. In der knappen halben Stunde liefert sie sich mit Fleischhauer zum Thema "Integration und Parallelgesellschaften" mehr Schlagabtausch denn Gespräch. Für sie sei der Moderator "der Inbegriff des alten, weißen Mannes", sagt sie gleich zu Beginn und möchte das nicht als persönlichen Angriff verstanden wissen, sondern als "patriarchalische Systemkritik". Als es um muslimische Bevölkerungsgruppen in Deutschland geht, sagt die Tochter türkischer Einwanderer: "Ich fühle mich nicht integriert." Im Gegenteil fühle sie sich von Jahr zu Jahr "unwohler" in ihrem Geburtsland. Dass das neue ZDF-Format polarisieren würde, ist seit der Ankündigung klar. So ließ etwa der Historiker Ilko-Sascha Kowalczuk vorab wissen, wie kritisch er dem Konzept und der Auswahl des Moderators gegenübersteht. Er warf Fleischhauer vor, mit Zynismus und "kenntnisloser" Dampfplauderei AfD-Narrative zu verbreiten. Nun "belohne" ihn das ZDF mit einer eigenen Sendung. Jan Fleischhauer bemüht sich in seiner neuen TV-Show sichtlich, die Fallhöhe des Formats kleinzureden. Er erwähnt nicht nur "Big Brother" als Referenz für die Aufmachung der Sendung, sondern zieht auch einen Vergleich zur RTL-Show "Ich bin ein Star – Holt mich hier raus!". Während er Statistiken von Bildungsabschlüssen zitiert und dabei mit Blick auf die Herkunft der Schüler schlechte Noten moniert und klagt, die könnten nicht mal richtig Deutsch, hält seine Diskussionspartnerin dagegen. Es sei schon rassistisch, dies nur auf die Migrationsgeschichte der Betroffenen zu schieben – schließlich seien vielmehr sozioökonomische Gründe für mangelnde Bildung entscheidend. "Der größte Pascha bist doch du" "Fleischhauer als Journalist? Ich habe das Gefühl, dass er Öl ins Feuer gießt" und nicht "für Aufklärung sorgt", sagt Reyhan Şahin an einer Stelle. Später ruft sie sichtlich verzweifelt: "Sexismus ist kein Ausländerproblem, es ist ein Männerproblem" und nennt als Argument das Oktoberfest , bei dem laut einer Befragung 80 Prozent der Kellnerinnen sexuelle Belästigung erleben müssen. Als Jan Fleischhauer den heutigen Bundeskanzler Friedrich Merz mit einem alten Satz von ihm über die Söhne muslimischer Einwanderungsfamilien zitiert, empört sich Şahin: "Der größte Pascha bist doch du." So geht das munter weiter. Die Fronten sind verhärtet, der Erkenntnisgewinn dazwischen vergraben. Laut ZDF sollte die Sendung folgende Frage klären: "Doch wer trägt die Verantwortung – die Zugewanderten oder die Gesellschaft, die sie aufnehmen will?" Eine Antwort liefert Fleischhauers Format nicht. Doch was beim Auftakt nicht gelingt, kann ja noch werden. Die Sendung ist zunächst für ein Jahr angelegt, im kommenden Jahr soll es weitere Staffeln geben. Für die Pilotstaffel sind vier Folgen geplant. Sie werden immer freitags in der Mediathek gezeigt und zusätzlich am darauffolgenden Dienstag am späten Abend im ZDF-Hauptprogramm ausgestrahlt.
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