Bundesbankchef Nagel warnt: Geldpolitik gegen politischen Druck verteidigen

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Der Bundesbankchef findet deutliche Worte: Wenn Politiker zu stark in die Geldpolitik eingreifen, steht mehr auf dem Spiel als nur der Leitzins. Joachim Nagel, Präsident der Deutschen Bundesbank, hat in New York vor der überparteilichen Bildungsorganisation Foreign Policy Association mit deutlichen Worten die Unabhängigkeit der Notenbanken verteidigt. In seiner Rede am Montag (Ortszeit) warnte er vor politischem Druck auf die Geldpolitik und vor Attacken, die das Vertrauen in zentrale Institutionen aushöhlen. "Ich kann nicht umhin, zutiefst besorgt zu sein über die jüngste politische Kritik an den Zentralbanken", sagte Nagel laut Redetext. Diese gehe über "übliche und hilfreiche öffentliche Diskussionen" hinaus und stelle "die Integrität einer Institution infrage, die den Interessen der Menschen und dem langfristigen Nutzen der Wirtschaft dienen" solle. Ohne Vertrauen in die Geldpolitik, so Nagel, beginne "das Fundament der Stabilität zu bröckeln". Seine Botschaft: Die Unabhängigkeit der Zentralbanken bleibt Kernprinzip – entscheidend für Stabilität, Glaubwürdigkeit und sozialen Zusammenhalt. Politischer Druck auf Zentralbanken In seiner Rede nahm Nagel auch direkten Bezug auf politische Einflussversuche in den USA . Er erinnerte daran, dass der US-Präsident Donald Trump wiederholt Druck auf die Federal Reserve ausgeübt habe, um eine lockerere Geldpolitik zu erzwingen. Trump hatte die Notenbank mehrfach zu deutlichen Zinssenkungen aufgefordert und Fed-Chef Jerome Powell scharf kritisiert, weil dieser dem Wunsch nach billigerem Geld nicht nachkam. Für Nagel ist ein solcher Umgang gefährlich: Wenn Politiker kurzfristige Wirtschaftsinteressen über die langfristige Preisstabilität stellen, leide das Vertrauen in die Zentralbank. Er rief Europa deshalb dazu auf, sich klar zur Unabhängigkeit der Fed zu bekennen und die institutionelle Eigenständigkeit der Geldpolitik zu verteidigen. Nur so lasse sich verhindern, dass politische Erwägungen den Kompass der Notenbanken aus dem Gleichgewicht bringen. Lehren aus der "Großen Inflation" Nagel stellte seine Warnungen in einen historischen Zusammenhang und erinnerte an die "Große Inflation" in den USA zwischen 1965 und 1982. Damals stiegen die Verbraucherpreise infolge einer zu lockeren Geldpolitik, politischer Einflussnahme und schwerer Ölpreisschocks um bis zu 14,5 Prozent jährlich. Die damalige Regierung hatte versucht, mit einer expansiven Finanz- und Geldpolitik Beschäftigung und Wachstum zu sichern – allerdings auf Kosten der Preisstabilität. Erst unter Fed-Chef Paul Volcker gelang es mithilfe drastischer Zinserhöhungen, die Inflation zu brechen. Diese harte Politik führte zwar kurzfristig zu einer schweren Rezession (1981–1982) mit hoher Arbeitslosigkeit, senkte die Inflation aber nachhaltig. Bis Mitte der 1980er-Jahre gelang es, die Inflation auf etwa 3,5 Prozent zu senken. Für Nagel ist dieses Kapitel eine Mahnung: Wer die Unabhängigkeit der Notenbanken aufgibt, riskiert das Vertrauen in die Währung und gefährdet die wirtschaftliche Stabilität. Er verwies in diesem Zusammenhang auch auf die Türkei im Jahr 2022, wo politische Eingriffe in die Geldpolitik die Inflation anheizten. Für Nagel steht fest: Nur eine unabhängige Zentralbank kann verlässliche Geldpolitik betreiben – frei von politischem Kalkül und mit Blick auf das langfristige Wohl der Gesellschaft. Zentralbanken halten Kurs Aktuell zeigen sich die großen Zentralbanken vorsichtig: Die Europäische Zentralbank (EZB) hält ihren Einlagenzins seit September bei 2,00 Prozent und signalisiert, dass dieses Niveau bis Jahresende bestehen bleibt. Eine weitere Zinssenkung gilt als unwahrscheinlich, solange Inflation und Wirtschaftsdaten stabil bleiben. In den USA hat die Federal Reserve ihren Leitzins im September auf ein Zielband von 4,00 bis 4,25 Prozent gesenkt und plant bis Ende des Jahres zwei weitere kleine Schritte nach unten. Während die Fed damit allmählich in Richtung eines neutralen Zinsniveaus von rund 3,5 Prozent steuert, setzt die EZB auf Stabilität. Für Verbraucher bedeutet das: Spar-, Festgeld- und Bauzinsen dürften in Europa vorerst kaum Bewegung zeigen.
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