Immer mehr Versicherte entdecken in ihrer elektronischen Patientenakte Einträge, die sie verwundern: Diagnosen, von denen sie nie gehört haben oder die nie gestellt wurden. Seit die elektronische Patientenakte (ePA) für alle gesetzlich Versicherten zugänglich ist, prüfen immer mehr Menschen, was Ärzte über sie dokumentiert haben. Das Ergebnis: Manche finden dort Krankheiten, die sie nie hatten. Das kann potenziell ernste Folgen haben. Plötzlich Hochrisikopatient – auf dem Papier Ein Bielefelder Versicherter wollte in die private Krankenversicherung wechseln . Dazu ließ er sich seine ePA aushändigen. Was er darin fand, war für ihn neu: akute Gastritis, Blutgerinnungsstörung, Ohnmachtsanfälle. "Nichts davon trifft auf mich zu", sagte er der "Neuen Westfälischen"-Zeitung. Dennoch galten die Diagnosen als offiziell und machten ihn zu einem teuren Risikofall für private Versicherer. Solche Fehldiagnosen können den Abschluss einer Berufsunfähigkeits- oder Lebensversicherung erschweren. Auch beim Zugang zu bestimmten Berufen spielt der Gesundheitsstatus eine Rolle. Wer auf dem Papier als krank gilt, muss mit Nachteilen rechnen, selbst wenn er völlig gesund ist. Elektronische Patientenakte: So richten Sie die App ein Alkohol und Krebs: Neue WHO-Daten alarmieren Wie gelangen falsche Diagnosen in die E-Akte? Laut Recherchen der "Neuen Westfälischen" betrifft das Problem vor allem psychische Erkrankungen. Der Verdacht: Ein Anreizsystem zwischen Krankenkassen und Ärzten könnte eine Rolle spielen. Für bestimmte Diagnosen können Ärzte höhere Pauschalen abrechnen und das könnte zu übertriebenen oder gar erfundenen Befunden führen. Der Hausärzteverband Deutschland weist diese Vorwürfe zurück und erklärt in der Zeitung, man dokumentiere Diagnosen "nach bestem Wissen und Gewissen". Belastbare Zahlen zu Fehleinträgen lägen nicht vor. Fehler könnten vorkommen, seien aber Ausnahmen. Im Fall des Bielefelders stellte sich heraus: Der behandelnde Arzt hatte die Diagnosen bei Routinekontrollen mit abgerechnet, ohne je Medikamente zu verordnen oder die Erkrankungen zu besprechen. Die ePA enthielt dennoch die Einträge – und das über Jahre. Löschen der Einträge kaum möglich Problematisch ist: Einmal eingetragene Diagnosen lassen sich nur schwer wieder entfernen. Patienten haben zwar über die ePA-App Zugriff auf ihre Daten. Sie können Einträge ausblenden, aber nicht direkt löschen. Für eine Korrektur müssen sich Versicherte an die jeweilige Arztpraxis wenden. Nur wer den ursprünglichen Eintrag gemacht hat, kann ihn auch ändern oder entfernen. Das kann kompliziert werden, vor allem, wenn Ärzte nicht kooperieren. Anja Lehmann von der Stiftung "Unabhängige Patientenberatung Deutschland" rät deshalb laut der Zeitung: "Jeder Patient sollte genau prüfen, was in seiner Patientenakte steht. Denn die Angaben können schwerwiegende Konsequenzen haben." ePA bietet Chancen und birgt Risiken Die ePA soll die medizinische Versorgung verbessern: Alle Behandlungsdaten an einem Ort, für Patient und Ärzteteam einsehbar. Doch in der Praxis zeigt sich: Die digitale Akte ist nur so gut wie ihre Inhalte. Die "Unabhängige Patientenberatung" empfiehlt daher, regelmäßig einen Blick in die eigene ePA zu werfen. Möglich ist das über die App der Krankenkasse oder über die sogenannte Patientenquittung, die Versicherte anfordern können.