Die beiden größten deutschen Gewerkschaften wollen Streichungen bei Sozialausgaben nicht hinnehmen. Sie rufen zu Protesten auf. Die Gewerkschaften IG Metall und Verdi haben Aktionen gegen die geplanten Sparmaßnahmen der Bundesregierung im Sozialbereich angekündigt. Bei Kundgebungen sollen gegen Kürzungen in den Bereichen Gesundheit, Pflege und Rente sowie die Aufweichung der Arbeitszeitregelung demonstriert werden. "Die Mehrheit der Menschen lehnt Einschnitte in den Sozialstaat ab", sagt Verdi-Chef Frank Werneke der "Süddeutschen Zeitung" vom Freitag. IG Metall-Chefin Christiane Benner sagte, Reform dürfe nicht heißen, "wir streichen den Ärmsten das Dach über dem Kopf weg". Die Bundesregierung hatte einen "Herbst der Reformen" ausgerufen, viele davon betreffen Sozialausgaben. Die Vorsitzenden der beiden größten deutschen Gewerkschaften sehen darin aber eher einen "Herbst der Grausamkeiten". Benner und Werneke, die zusammen etwa vier Millionen Arbeitnehmer vertreten, wiesen gegenüber der "SZ" die Behauptung von Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) zurück, Deutschland könne sich das Sozialsystem nicht mehr leisten. Die Ausgaben für Arbeitslose und Bürgergeldempfänger seien im Verhältnis zur Wirtschaftsleistung nicht höher als vor 20 Jahren, die Rentenausgaben sogar gesunken, argumentierten sie. Tagesanbruch: Reformversprechen geplatzt Umfrage: Vertrauen in die Bundesregierung schwindet Benner: "Eine Vermögenssteuer für Superreiche ist überfällig" Benner und Werneke machten eigene Vorschläge zur Finanzierung des Sozialstaats. "Die Ausgaben für Pharmaindustrie, Ärzte und Krankenhäuser gehören auf den Prüfstand", forderte Benner. Werneke schlug vor, die Mehrwertsteuer auf Medikamente auf sieben Prozent zu senken und Kranken- und Pflegekassen für versicherungsfremde Leistungen zu entschädigen, was versicherungspflichtig Beschäftigte um mindestens 20 Milliarden Euro entlasten würde. Gleichzeitig sollen Reiche einen höheren Beitrag leisten. "Eine Vermögenssteuer für Superreiche ist überfällig", sagte Benner, "Gleiches gilt für die Neugestaltung der Erbschaftssteuer für Superreiche." Werneke übte scharfe Kritik an der geplanten Reform des Bürgergelds. "Wie die CDU/CSU vorgeht, das ist unanständig", sagte er. Die Union stelle ihre Forderungen "ohne jedes Mitgefühl für die Schicksale auf, für Menschen mit psychischen Erkrankungen oder alleinerziehende Mütter, die sich um ihre Kinder kümmern". Die Kürzung der Wohnungskosten sei in Ballungsräumen mit hohen Mieten verheerend, warnte der Verdi-Chef. "Was die Regierung beschließt, führt am Ende zu Obdachlosigkeit."