Halloween: Süßigkeiten bringen Kindern oft mehr Schaden als Freude

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Zu Halloween sind nicht nur die Kostüme oft zum Erschrecken. Auch der anschließende Süßigkeitenkonsum von Kindern ist beängstigend. Dabei gibt es Alternativen. Schon mal von der Samhainophobie gehört? Kein Scherz: Es handelt sich um die pathologische Angst vor allem, was mit Samhain zusammenhängt – so lautete der Name des irisch-keltischen Festes, gefeiert in der Nacht des elften Vollmonds, zum Ende des Sommers und Beginn des Winters. Der Legende nach soll von da eine direkte Kulturlinie zu Halloween verlaufen, wie wir es heute erleben dürfen. Auf dem Weg dahin ist allerdings noch einiges vorgefallen. Denn mittlerweile handelt es sich bei der Samhainophobie um die Befürchtung, von den lustig kostümierten und gruselig maskierten oder geschminkten Halloweentreibenden erschreckt oder angegriffen zu werden – vielleicht in dem Sinne, der immer etwas diffus als "Saures" in Aussicht gestellt wird. Um beim Süßen zu bleiben: Wer seine Kinder auf die lustige Haustür-Klingel-Tournee schickt, dem muss natürlich bewusst sein, dass hinter diesen Türen – wenn überhaupt – meist Süßwaren warten. Die wurden meist eilig auf Masse und zum Niedrigstpreis eingekauft und sind eher nicht fairtrade, bio oder sonst wie ernährungstechnisch wertvoll. Ebenso ist klar, dass das Einspielergebnis eines mittleren Halloween-Abends pro Kind keinesfalls an einem einzigen Abend vertilgt werden kann. Also landen die Zuckerturbo-Süßwaren in der heimischen Vorratshaltung. Wer sich in Haushalten mit kleineren Kindern umschaut, stellt fest, dass solche Depots meist rund ums Jahr aufgefüllt werden. Viele Eltern sind also insgeheim froh, dass nur einmal im Jahr Halloween ist – zumal die Zuckerhalde ja auch zu genügend anderen Anlässen anwächst: zu Weihnachten , an Kindergeburtstagen, Gartenfesten oder bei Verwandtenbesuchen. Auch Oma und Opa sind selbstverständlich der festen Überzeugung, dass "das alles ja viel zu viel" ist – was sie aber nicht daran hindert, beim nächsten Besuch wieder ordentliche Mengen zu verschenken. Fruchtsäfte verstecken viel Ohne als Spaßbremse rüberkommen zu wollen: Es lohnt sich, den Konsum an Süßigkeiten bei Kindern im Auge zu behalten. Übrigens hält sich hartnäckig die Annahme, dass Kinder quasi genetisch auf Süßes vorbereitet seien. Sowohl das Fruchtwasser als auch die Muttermilch schmecken leicht süßlich – was spricht also dagegen, diese Vorliebe nach der Geburt beizubehalten? Deshalb scheitern viele elterliche Versuche, den Nachwuchs in den ersten zwei Lebensjahren konsequent vom Zucker fernzuhalten. Ernährungstheoretisch wird empfohlen, dass sogenannte "freie Zucker" – also alle zugesetzten Zuckerarten sowie Zucker aus Honig, Sirup, Fruchtsäften und Fruchtsaftkonzentraten – höchstens fünf bis zehn Prozent der täglichen Energiezufuhr ausmachen sollten. Das entspricht bei Grundschulkindern etwa 20 bis 25 Gramm Zucker pro Tag, bei Jugendlichen bis zu 30 Gramm. Komplexe Kohlenhydrate aus Vollkorn, Hülsenfrüchten oder Gemüse liefern dagegen Energie in langsamer, gesünderer Form und wirken sich positiv auf Blutzucker, Darmflora und Sättigung aus. In der Extraportion Milch steckt oft vor allem Zucker Man muss dabei immer im Hinterkopf haben, dass viele alltägliche Lebensmittel getarnte Süßbomben sind – also versteckten Zucker enthalten. Das sind eben nicht nur Schokolade, Bonbons, Schokocreme oder Limonaden, sondern auch Ketchup (etwa vier Gramm Zucker pro Esslöffel), den Kinder so gern zu Nudeln verzehren; oder Grillsoßen, bei denen es Extremmischungen auf 30 bis 40 Gramm Zucker je 100 Gramm Soße bringen. Vorsicht auch bei fertigen Salatdressings, Müslimischungen und besonders flockigen Frühstücksflocken. Selbst Brot und verarbeitete Wurstwaren enthalten oft Zucker. Vorsicht sollte zudem bei Produkten walten, die angeblich eigens für Kinder entwickelt wurden. Sie werden als besonders gesund angepriesen – warum auch nicht, die fröhlichen Kinder auf den Etiketten lächeln ja so überzeugend über ihrer "Extraportion Milch". Doch wer sich die Zusammensetzung ansieht, stellt fest: In einem halben Liter eines typischen Joghurtdrinks stecken umgerechnet rund 20 Stück Würfelzucker – schon für Erwachsene eine erhebliche Menge. Äpfel und Weintrauben sind anders zusammengesetzt Zucker ist für die Lebensmittelbranche ein billiger Geschmacksverstärker, der andere, störende Bitter- oder Saueraromen überdecken kann. Er bindet Wasser, verlängert die Haltbarkeit und sorgt für bessere Textur und Farbe. Wenn er dann noch als Laktose, Fruktose, Maltose oder Maissirup in der Zutatenliste auftaucht, glauben viele immer noch, alles sei "natürlich". In 50 Gramm Gummibärchen stecken etwa 38 Gramm Zucker, in einem Schokoriegel (zum Beispiel 50 Gramm Milchschokolade) rund 25 Gramm, in einem kleinen Becher Fruchtjoghurt 18 bis 20 Gramm, in einem Glas Limonade (200 ml) etwa 20 Gramm und in einem Kinderkeks 4 bis 6 Gramm Zucker. Auch Müsliriegel, Milchmixgetränke oder Kakaopulver enthalten meist erhebliche Mengen zugesetzten Zuckers. Bei natürlichen Lebensmitteln wie Obst sieht das anders aus: 100 Gramm Weintrauben enthalten etwa 16 Gramm Zucker, Äpfel 11,4 Gramm und Erdbeeren rund 6 Gramm. Besonders bei Fruchtsäften, Smoothies oder Quetschmus ist jedoch Vorsicht geboten: 200 Milliliter Apfelsaft liefern etwa 24 Gramm Zucker, ein Quetschmus für Kleinkinder rund 12 bis 15 Gramm. 20 Prozent sind übergewichtig Der Unterschied zwischen Obst in seiner gesündesten Form – also am Stück zum Selberkauen – und Süßigkeiten liegt in der "Verpackung": Ballaststoffe verlangsamen die Zuckeraufnahme und halten länger satt, während sekundäre Pflanzenstoffe und Vitamine die Gefäße schützen und gleichzeitig wertvolle Nährstoffe liefern, die der Körper für Stoffwechsel und Zellschutz braucht. Achtung gilt bei Fruktose in Form von High-Fructose Corn Syrup (HFCS), einem billigen Süßungsmittel aus den USA , das zunehmend auch in Europa verwendet wird – etwa in Softdrinks, Backwaren oder Fertigprodukten. Fruktose wird fast ausschließlich in der Leber verstoffwechselt und kann, ähnlich wie Alkohol, zu einer Fettleber führen. Diese sogenannte nicht-alkoholische Fettleber (NAFLD) tritt inzwischen immer häufiger auf, sogar bei Kindern und Jugendlichen, und kann langfristig zu Zirrhose, Leberkrebs oder einer Lebertransplantation führen. Weltweit zeigt sich ein alarmierender Trend: Laut WHO sind rund 20 Prozent der Kinder und Jugendlichen im Alter von fünf bis 19 Jahren übergewichtig, etwa acht Prozent davon adipös. Bei Kindern unter fünf Jahren sind es weltweit über 35 Millionen, die als übergewichtig gelten. Unicef meldet, dass erstmals mehr Kinder und Jugendliche übergewichtig oder adipös sind als untergewichtig. Langfristig führt es zu einer Fettleber Eltern, die vor dem Fernseher Chips im Akkord verzehren, sind im Alltag schwerlich glaubhafte Ernährungsvorbilder. Gerade im Kindes- und Jugendalter sind gesundheitliche Schäden durch falsche Ernährung besonders folgenreich. Schon heute leidet ein großer Teil der Kinder an Karies – bei den 6- bis 7-Jährigen sind es in Deutschland rund 40 bis 60 Prozent, während etwa ein Fünftel der 12-Jährigen bereits Karieserfahrung im bleibenden Gebiss aufweist. Und langfristig drohen Bluthochdruck, erhöhte Blutzuckerwerte, ungünstige Cholesterinwerte und Fettansammlungen im Bauchraum. Das "immer dicke Kind" gewesen zu sein, gehört später nicht zu den süßesten Erinnerungen. Bei Kindern mit mindestens zwei dieser Symptome spricht man vom metabolischen Syndrom, das langfristig zu Typ-2-Diabetes, Fettleber oder Schlaganfallrisiko führen kann. Auch Essstörungen sind eine mögliche Folge. Versuchen Sie daher, Süßigkeiten für den Alltag behutsam – am besten unmerklich – zu rationieren. Trockenfrüchte sind eine gute Ergänzung. Kinder kann man das Thema "Zucker" auch einfach mal erklären. Am Wochenende oder zu besonderen Anlässen darf es beim Naschen auch mal etwas mehr sein. Wer als Erwachsener seinen Konsum anpasst, erzielt den größten Effekt – denn Vorleben wirkt stärker als Verbote. Wer selbst backt, hat die Kontrolle Zuckeraustauschstoffe oder Süßstoffe sind für Kinder keine gute Alternative: Sie verstärken das Bedürfnis nach Süßem und können bei empfindlichen Kindern Darmbeschwerden verursachen. Wer selbst backt oder Desserts zubereitet, kann die Zuckerangaben meist problemlos halbieren. Oder Sie greifen zu den sogenannten intelligenten Zuckern mit gesundheitlichem Zusatznutzen – etwa Galactose oder Tagatose, wie in einer anderen Kolumne erläutert . Sorgen Sie dafür, dass das süße Leben keinen bitteren Verlauf nimmt – und kommen Sie gut und gesund durch die Zeit!
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