Abnehmspritzen liegen im Trend, doch die WHO mahnt zur Vorsicht. Die Mittel können helfen, Fettleibigkeit zu behandeln. Sie lösen das Problem aber nicht nachhaltig. Mehr als eine Milliarde Menschen weltweit leben mit starkem Übergewicht (Adipositas) – Tendenz steigend. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) rechnet damit, dass sich die Zahl bis 2030 verdoppelt. Fettleibigkeit begünstigt zahlreiche Krankheiten wie Diabetes, Herzinfarkte und Krebs. In ihren neuen Leitlinien erkennt die WHO sogenannte GLP-1-Rezeptor-Agonisten als wirksame Therapien gegen Fettleibigkeit an. Dazu gehören die Wirkstoffe Liraglutid, Semaglutid und Tirzepatid. Sie sind in Medikamenten wie Saxenda, Wegovy oder Mounjaro enthalten. Ursprünglich zur Behandlung von Diabetes entwickelt, zügeln sie den Appetit und verstärken das Sättigungsgefühl. Kein Ersatz für gesunde Lebensweise Trotz positiver Wirkung warnt WHO-Chef Tedros Adhanom Ghebreyesus vor überzogenen Erwartungen: "Medikamente allein werden die Adipositas-Krise nicht lösen." Die WHO betont, dass die Mittel nur ergänzend zu Bewegung und gesunder Ernährung eingesetzt werden sollten. Empfohlen wird der Einsatz bei Erwachsenen mit einem Body-Mass-Index (BMI) von 30 oder höher. Für nicht adipöse Personen sowie für Schwangere seien die Medikamente ungeeignet. Die WHO stuft ihre Empfehlung als "bedingt" ein. Das bedeutet: Die Präparate können helfen, aber nur unter bestimmten Voraussetzungen und mit ärztlicher Begleitung. BMI-Rechner für Frauen und Männer: Sind Sie übergewichtig? US-Forscher: Neue Nebenwirkung der Abnehmspritze beobachtet Zugang für alle gefordert Ein zentrales Anliegen der WHO: Der gerechte Zugang zu den Arzneimitteln. In vielen Ländern fehlen diese Medikamente oder sind unerschwinglich. Ghebreyesus fordert daher einen weltweiten Ausbau der Versorgung, insbesondere für ärmere Länder und Bevölkerungsgruppen. Auch Experten wie die britische Ernährungsforscherin Marie Spreckley unterstützen diesen Kurs: "Die Leitlinien setzen auf die Kombination aus Medikamenten, Verhaltenstherapie und fairer Versorgung – das ist der richtige Weg." Viele Fragen noch offen Die Medikamente wirken, aber langfristige Daten fehlen. Unklar ist, ob die Mittel dauerhaft eingenommen werden müssen. Studien zeigen, dass viele Betroffene nach dem Absetzen wieder zunehmen . Auch mögliche Nebenwirkungen sind noch nicht abschließend erforscht. Trotzdem sehen Fachleute in den neuen WHO-Leitlinien einen wichtigen Schritt: Sie schaffen erstmals eine klare Orientierung und stellen klar, dass es keine schnelle Lösung gegen Übergewicht gibt. Nur ein Zusammenspiel aus medizinischer Behandlung, gesunder Lebensweise und gesellschaftlichen Veränderungen kann langfristig helfen.