Deutschland kassiert die erste Auswärtsniederlage seiner WM-Quali-Historie. Nach der Partie stellt sich der Bundestrainer den Fragen in der ARD – und wird deutlich. An einem Wort stört er sich besonders. 0:2 in der Slowakei, die erste Auswärts-Niederlage in der WM-Qualifikation in der Historie der deutschen Nationalmannschaft – das Spiel am Donnerstagabend in Bratislava war für die DFB-Elf und Bundestrainer Julian Nagelsmann ein ganz herber Schlag. Und der 38-Jährige sprach angesichts der trostlosen Vorstellung seiner Elf Klartext im Live-TV. "Die ersten fünf, sechs Minuten in der zweiten Halbzeit waren etwas heller, der Rest war sehr dunkel", sagte Nagelsmann im Gespräch mit Esther Sedlaczek und Bastian Schweinsteiger in der ARD . Öffentliche Kritik an seinen Spielern wollte er aber nicht äußern. "Ich zerlege jetzt hier niemanden im Fernsehen, das mache ich intern." WM-Qualifikation: Blamage in Bratislava: DFB-Elf kassiert historische Pleite WM in Gefahr? Schweinsteiger: "Wenn wir so spielen, kannst du es vergessen" Trotzdem redete sich Nagelsmann dann immer mehr in Rage: Was ihn am 0:2 aber besonders gestört hat? "Wenn man schon bei der Emotionalität anfängt, dann war der Gegner uns meilenweit von der ersten bis zur letzten Minute überlegen. Das ist Fakt." Mehr noch: "Erschreckenderweise kommt dann noch dazu, dass so ein Gegner mit seiner Emotionalität dann plötzlich auch fußballerisch mehr Qualität auf den Platz bringt als wir." Nagelsmann erinnerte an die jüngere und wenig erfolgreiche Vergangenheit der deutschen Mannschaft: "Wenn man unsere Historie der letzten zehn Jahre nimmt, dann ist es nicht so, dass wir hier anreisen und vor Selbstvertrauen strotzen und sagen: Wir spielen jetzt alles mit 80 Prozent weg. Das ist nicht so, weil wir diese Emotionalität einfach nicht hinkriegen." Dies habe sich schon bei den Auftritten bei der WM 2022 in Katar und der Heim-EM 2024 gezeigt. Nagelsmann warnte: "Wenn wir diese Emotionalität nicht hinkriegen, können wir das Buch zumachen." Dann wurde der Trainer noch deutlicher: An einem Begriff arbeitete Nagelsmann sich besonders ab: Die Frage nach der "Qualität" der Mannschaft. "Qualität spielt keine Rolle", antwortete Nagelsmann energisch, "warum gibt es denn Spiele im DFB-Pokal, wo ein Drittligist Wehen Wiesbaden gegen Bayern München plötzlich das 2:2 macht? Nicht wegen der Spielerqualität, sondern wegen der Emotionalität. Nur wegen der Emotionalität." "Sonst spielen wir im März Playoffs" Immer wieder war es die "Emotionalität", auf die Nagelsmann zurückkam. "Qualität will ich nicht mehr hören. Mir reicht es schon, wenn wir die Emotion haben. Das ist das Entscheidende. Die Emotion." Dann formulierte er einen rigorosen Gedanken: "Wir haben ja heute vermeintlich die besten Spieler in Deutschland ausgewählt. Da sind vielleicht zwei, drei daheim außer den Verletzten, die auch noch dazugehören können, aber: Vielleicht müssen wir tatsächlich auf weniger Qualität setzen und stattdessen auf Spieler, die nur alles reinwerfen." Nagelsmann ist sich sicher: "Das hätte heute zu einem besseren Ergebnis geführt, als wenn die besten Spieler spielen. Das ist amtlich." Ob nun mit vielen Veränderungen im Kader zu rechnen sei, wollte Sedlaczek weiter wissen. Nagelsmann dementierte: "Nein, ich habe ja nicht 150 Spieler zur Auswahl." Er habe "Vertrauen in die Mannschaft." Trotzdem appellierte er an seine Spieler, sich in der WM-Quali nun voll reinzuhängen: "Wir haben jetzt noch fünf Spiele, die müssen wir alle gewinnen, und zwar deutlich. Sonst spielen wir im März Playoffs." Nagelsmann nahm seine Akteure in die Pflicht – und deutete an, dass er mit der Einstellung mancher Spieler beim 0:2 nicht zufrieden war: "Es muss einfach bei jedem Spieler ankommen: Mit angezogener Handbremse spielen und nur jeden dritten Zweikampf gewinnen – das reicht nicht. Auf keinem Niveau." Er glaube, dass seine Spieler vor der anstehenden Partie gegen Nordirland nun "spüren, was es bedarf." "Wenn wir am Sonntag nur energetischer auftreten, wird das ein ganz anderes Spiel."