Dick Cheney ist tot. Der hochrangige Politiker schlichtete nicht nur internationale Konflikte – auch in seiner Familie gab es schier unüberbrückbare Differenzen. Es gibt eine Szene in dem Film "Vice" über den einstigen US-Vizepräsidenten Dick Cheney, in der dieser einen Anruf von George W. Bush entgegennimmt. Regisseur Adam McKay, der für "Vice" acht Oscar-Nominierungen einheimste, verriet später, dass dies eine seiner Lieblingsszenen sei. Eher durch Zufall spielte sie vor einem riesigen Gemälde, das einen großen Hund mit einem Knochen im Maul zeigte, unmittelbar vor ihm ein kleines, knurrendes Schoßhündchen. Adam McKay sagte, dies sei die perfekte Metapher des Machtverhältnisses der beiden US-Republikaner gewesen: Der große Hund stehe für Dick Cheney, der kleine Knurrer für den amerikanischen Präsidenten Bush. Sieben Jahre nach Erscheinen dieses in vielerlei Hinsicht sehenswerten Films ist Dick Cheney tot. Der mächtige Hund starb am Montag im Alter von 84 Jahren. Cheney, der seit den Siebzigern in hohen Ämtern der US-Politik tätig war, stand aber noch für viel mehr als für Macht – und auch das ist in der Filmbiografie von 2018 Thema. So prägte ihn ein interner Familienkonflikt, welcher über Jahre ausgetragen wurde und zu einem für viele Beobachter überraschenden Ergebnis führte. Er wurde 84 Jahre alt: Ehemaliger US-Vizepräsident Dick Cheney ist tot Eine der emotionalsten Szenen des Films zeigt dies anschaulich: Mary Cheney, die jüngere Tochter des ehemaligen Vizepräsidenten, weint im Gespräch mit ihren Eltern, weil sich ihre ältere Schwester Elizabeth 'Liz' Cheney öffentlich gegen ihre Ehe positioniert hat. Eine Ehe mit ihrer langjährigen Partnerin, einer Frau. Auch das ist Teil der Cheney-Geschichte: Wie der einst erzkonservative Hardliner mit dem lesbischen Zweig seines Familienbaums umging. Denn die Familienfehde wegen Mary Cheneys sexueller Orientierung war real. Der Konflikt drohte, die Familie zu zerbrechen. Als sie aufwuchsen, waren die Cheney-Töchter dem Vernehmen nach ein Herz und eine Seele. "Wir standen uns so nah, wie Schwestern nur sein können", erinnert sich Mary in ihren 2006 erschienenen Memoiren "Now It's My Turn" (Auf Deutsch: "Jetzt bin ich an der Reihe"). Als Mary in der elften Klasse war, outete sie sich ihrer Familie gegenüber als lesbisch. Ihre Eltern reagierten verständnisvoll. Dick Cheney hatte nichts gegen die Entscheidung seiner Tochter, nur Mutter Lynne soll angemerkt haben, dass sie besorgt über eine Zukunft sei, die durch die Homophobie in der Welt möglicherweise schwieriger werden könnte. Das einzige Familienmitglied, das Aversionen gegen die Homosexualität hegte, war die ältere Tochter. Elizabeth habe "immer an die traditionelle Definition der Ehe geglaubt", ließ das Ehepaar Cheney später in einem Interview mit dem US-Magazin "Politico" wissen. "Die Menschen sollten frei sein" Tatsächlich ging Liz später in die Politik und sprach sich gegen die Homo-Ehe aus. Sie trat früh der Republikanischen Partei bei und war in den Zweitausenderjahren im US-Außenministerium tätig, später wurde sie Kongressabgeordnete. In all dieser Zeit musste Dick Cheney einen schwierigen Balanceakt meistern. Als führender Republikaner zu einer Zeit, als die Partei für ein Verbot der Homo-Ehe eintrat, sprach er sich für seine lesbische Tochter Mary aus. Mary Cheney lebte bereits damals seit vielen Jahren in einer Beziehung mit ihrer Partnerin und späteren Ehefrau Heather Poe. "Lynne und ich haben eine homosexuelle Tochter, daher ist dies ein Thema, mit dem unsere Familie sehr vertraut ist", erklärte Dick Cheney seinen Anhängern bei einer Wahlkampfveranstaltung in Iowa Anfang der Zweitausenderjahre und fügte hinzu: "Was die Frage der Beziehungen angeht, so ist meine allgemeine Ansicht, dass Freiheit Freiheit für alle bedeutet. Die Menschen sollten frei sein, jede Art von Beziehung einzugehen, die sie wollen." Er selbst hatte seine spätere Frau im Alter von 14 Jahren als Schulfreundin kennengelernt. Die beiden heirateten im Jahr 1964 und bekamen anschließend ihre zwei Töchter: Elizabeth kam 1966 und Mary 1969 auf die Welt. Dass seine Tochter einen anderen Weg einschlug, störte Cheney nicht. 2012 heiratete Mary ihre Partnerin in Anwesenheit ihrer beiden Kinder Samuel und Sarah, die damals schon 5 und 2 Jahre alt waren. "Mary und Heather sind seit vielen Jahren in einer festen Beziehung, und wir freuen uns sehr, dass sie die Gelegenheit nutzen konnten, diese Beziehung offiziell anerkennen zu lassen", sagte Dick Cheney zu der Ehe laut ABC News. Das Zerwürfnis der Schwestern Wer allerdings nicht bei der Hochzeit anwesend war: Marys ältere Schwester. Nur ein Jahr nach der Trauung sagte Elizabeth, dass sie trotz der Entwicklungen in ihrer Familie gegen die Homo-Ehe sei. "Ich liebe Mary sehr, ich liebe ihre Familie sehr. Dies ist nur ein Thema, bei dem wir unterschiedlicher Meinung sind", so Liz Cheney damals. Jahrelang blieb unklar, wie das Verhältnis der Schwestern nach ihrem Zerwürfnis war. So sollen die beiden auch über Jahre hinweg kaum Kontakt gepflegt haben, bis Liz schließlich im Jahr 2021 zugab, dass es falsch von ihr war, sich gegen die gleichgeschlechtliche Ehe auszusprechen. In einem Interview in der US-Fernsehshow "60 Minutes" sagte Liz, dass sie ihre Schwester und Marys Familie "sehr liebt", bevor sie zugab, dass ihr Vater in dieser Frage stets recht gehabt habe. Dick Cheney verbuchte dies später nie als privaten Triumph. Vielmehr widmete er sich nach seiner politischen Laufbahn in der Öffentlichkeit einem anderen Thema: dem Kampf gegen Donald Trump . Bei der Präsidentschaftswahl 2024 teilte Cheney mit, nicht für den republikanischen Kandidaten zu stimmen, sondern für die Demokratin Kamala Harris . Es habe "noch nie einen Menschen gegeben habe, der eine größere Bedrohung für unsere Republik darstellte als Donald Trump", sagte Cheney. Rund ein Jahr später ist der Ex-Vizepräsident tot. Der langjährige Raucher starb am 3. November an den Folgen einer Lungenentzündung .