Die Zahl der Krankschreibungen in Deutschland ist auf einem Rekordhoch. Besonders betroffen: bestimmte Regionen und Berufsgruppen. In Deutschland melden sich immer mehr Beschäftigte krank. Das zeigt eine neue Auswertung von Daten der Betriebskrankenkassen (BKK). Vor allem Infekte der Atemwege, psychische Belastungen und Rückenschmerzen treiben den Krankenstand nach oben. Und: In bestimmten Regionen ist die Zahl der Krankentage besonders hoch. Corona, Grippe und Co. sorgen für viele Fehltage Seit 2021 steigen die Krankmeldungen bei den BKK-Versicherten deutlich an. Laut einer Analyse, die BR-Rechercheure gemeinsam mit der "Augsburger Allgemeinen" erstellt haben, waren Atemwegserkrankungen zuletzt der größte Treiber. Dazu zählen Corona , Grippe , aber auch einfache Erkältungen. Der Infektiologe Leif Erik Sander von der Berliner Charité erklärt den Anstieg mit einem "Nachholeffekt": Während der Pandemie zirkulierten viele Viren kaum, weil Menschen Masken trugen oder zu Hause blieben. In den Folgejahren breiteten sich diese Infekte wieder stärker aus. Laut dem Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung gingen 58 Prozent der zusätzlichen Krankmeldungen 2022 und 41 Prozent im Jahr 2023 auf akute Atemwegsinfekte und Covid-19 zurück. 2024 machten diese Erkrankungen rund 20 Prozent aller Krankentage aus. Ein weiterer Grund für die höheren Zahlen: Seit der Einführung der elektronischen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (eAU) werden Krankmeldungen automatisch an die Krankenkassen übermittelt – lückenloser als früher. Grippe oder Erkältung ? Das sind die Unterschiede Krankmeldung am Wochenende: Das sollten Sie wissen Auch psychische Leiden nehmen stark zu Neben Infekten bereiten psychische Erkrankungen zunehmend Sorgen. Sie führen besonders häufig zu langen Ausfallzeiten. Experten sehen hier eine ernstzunehmende Entwicklung: Die Belastungen am Arbeitsplatz und im Alltag nehmen offenbar stetig zu. Auch Muskel- und Skeletterkrankungen wie Rückenschmerzen oder Arthrose schlagen stark zu Buche, allerdings ist deren Anteil seit Jahren relativ stabil. Große Unterschiede zwischen den Regionen Auffällig sind auch die regionalen Unterschiede. Besonders hoch ist die Zahl der Krankentage im Saarland, in Sachsen-Anhalt und im Ruhrgebiet. In der Stadt Herne sowie im Salzlandkreis und im Landkreis Mansfeld-Südharz lag der Schnitt 2024 bei rund 31 Fehltagen pro BKK-Versichertem – also ein ganzer Monat. In Baden-Württemberg dagegen waren es nur 18,5 Tage, im bayerischen Landkreis Starnberg sogar nur 14,5. Warum diese Unterschiede? Laut dem Psychologen Hendrik Berth vom Universitätsklinikum Dresden spielt das Arbeitsumfeld eine Rolle. Wirtschaftlich starke Regionen könnten eher in bessere Bedingungen investieren, um qualifiziertes Personal zu halten. Auch regelmäßige Bewegung, zum Beispiel im Fitnessstudio, koste oft Geld – ein Faktor, der nicht für alle selbstverständlich ist. Wer besonders oft krank ist – und wer selten Wer in Reinigung, Logistik oder Fertigung arbeitet, meldet sich besonders häufig krank. Reinigungskräfte kommen im Schnitt auf mehr als 30 Fehltage im Jahr. Ursache sind oft körperliche Belastungen, die zu Muskel- und Skeletterkrankungen führen. Vergleichsweise selten fehlen dagegen Menschen in Führungspositionen, in IT-Berufen oder in der Forschung. Leif Erik Sander betont zudem: Verschiedene Erkrankungen verstärken sich oft gegenseitig. Wer psychisch belastet ist, sei auch bei einer einfachen Infektion schneller arbeitsunfähig. Studien zeigen außerdem, dass Atemwegsinfekte Herzprobleme auslösen können . Deshalb empfehlen europäische Kardiologen inzwischen Impfungen gegen Grippe oder Pneumokokken – als Schutz vor Herzkrankheiten.