Frauen können ihre Herzgesundheit schneller verbessern als Männer. Trotzdem erreichen sie ihre Bewegungsziele seltener. Das hat Folgen. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfiehlt Erwachsenen pro Woche mindestens 150 Minuten moderate körperliche Aktivität oder 75 Minuten intensiven Sport. Auch eine Kombination aus beidem ist geeignet. Denn Bewegung hat viele Vorteile, unter anderem für Herz, Knochen, Muskeln und Nerven . So senkt nach aktuellen Studienergebnissen moderater bis intensiver Sport von 150 Minuten pro Woche bei Frauen die Wahrscheinlichkeit für die koronare Herzkrankheit um 22 Prozent, bei Männern jedoch nur um 17 Prozent. Allerdings halten Frauen sich seltener an die empfohlene Zeit für Sport als Männer. Das belegt eine Studie im Fachjournal "Nature Cardiovascular Research". Längere Sporteinheiten noch besser Bei der koronaren Herzkrankheit lagern sich Plaques in den Herzkranzarterien ab, die das Organ mit Blut und damit Sauerstoff versorgen. Das macht sich bei Betroffenen etwa mit Schmerzen oder einem Druck- oder Engegefühl in der Brust bemerkbar, der sogenannten Angina pectoris. Auch Atemnot ist möglich. Die Ablagerungen können aber auch zum Herzinfarkt und Herztod führen. Falsche Ernährung, Übergewicht, Bewegungsmangel und Stress zählen zu den Hauptrisikofaktoren der Erkrankung. Die Studie zeigte auch einen großen Nutzen von längerem Training: Mit etwa 250 Minuten moderatem bis intensivem Sport pro Woche können Frauen das Risiko für die koronare Herzkrankheit sogar um rund 30 Prozent senken. Um den gleichen Wert zu erreichen, müssen Männer rund 530 Minuten investieren – mehr als das Doppelte der Zeit. Knochen, Herz und Stoffwechsel : Wie sehr Bewegungsmangel dem Körper schadet Fitness für Einsteiger : In sechs Schritten fitter werden Männer müssen mehr tun, um Sterberisiko zu senken Für die Studie hat das Team um den Bioinformatiker Jiajin Chen von der Xiamen University in China Daten aus der seit 2006 laufenden "UK Biobank"-Kohortenstudie ausgewertet. Über 85.000 Teilnehmende aus Großbritannien hatten dafür einen Bewegungssensor getragen. Diese Informationen kombinierten die Forschenden mit späteren Gesundheitsdaten. Während einer mittleren Beobachtungszeit bei etwa 80.000 Menschen von knapp acht Jahren traten 3.764 Ereignisse einer koronaren Herzkrankheit ein. Die Teilnehmer hatten zu Beginn der Studie keine koronare Herzkrankheit. Die Forscher untersuchten auch die Sterblichkeit. Die Analyse von rund 5.000 Menschen mit koronarer Herzkrankheit zu Beginn der Studie ergab: Männer mussten etwa 1,7-mal so viel Sport treiben wie Frauen, um im Beobachtungszeitraum eine vergleichbare relative Reduktion des Sterblichkeitsrisikos wie Frauen zu erreichen. Große Unterschiede bei Herz-Kreislauf-Krankheiten Dass sich die Geschlechter in Bezug auf Herz-Kreislauf-Krankheiten deutlich unterscheiden, haben in den vergangenen Jahren viele Untersuchungen gezeigt. Nicht nur haben Frauen bei einem Herzinfarkt mitunter gänzlich andere Symptome als Männer. Sie sprechen auch auf Therapien und Vorsorgemaßnahmen anders an. Trotzdem erhalten alle Menschen meist einheitliche Empfehlungen für präventive Bewegungsangebote. Die neue Studie liefere nun deutliche Belege dafür, dass dieser Ansatz nicht ausreichend sei, schreibt die Kardiologin Emily S. Lau vom Massachusetts General Hospital in Boston in einem begleitenden Kommentar. Geschlechtsspezifische Forschung ist wichtig Frauen seien weltweit gesehen weniger sportlich aktiv als Männer, schreibt das Autorenteam mit Verweis auf eine frühere Studie. Demnach treiben 33,8 Prozent der Frauen zu wenig Sport, im Vergleich zu 28,7 Prozent der Männer. Das unterstreiche die Notwendigkeit, Bewegungsempfehlungen genauer auf Frauen zuzuschneiden, argumentiert die Kommentatorin Lau. "Investitionen in geschlechtsspezifische Herz-Kreislauf-Forschung haben bereits zu einer 30-prozentigen Senkung der Herz-Kreislauf-Sterblichkeit bei Frauen beigetragen – ein wichtiger Meilenstein, wenn man bedenkt, dass weltweit jede dritte Frau an Herz-Kreislauf-Erkrankungen stirbt." Kardiologin Christina Magnussen vom Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf kommentierte auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur: "Die Ergebnisse zeigen signifikante Geschlechtsunterschiede in den Effekten der körperlichen Aktivität auf das Auftreten der koronaren Herzkrankheit und der Sterberate." Die Richtung und Größenordnung der Zusammenhänge seien auch für Deutschland möglich. Allerdings betont sie, dass eine Überprüfung der Ergebnisse in deutschen Kohortenstudien wünschenswert sei, da die UK Biobank nicht gänzlich repräsentativ für die Allgemeinbevölkerung sei. Sie enthalte überwiegend weiße Teilnehmende sowie tendenziell gesündere und eher wohlhabendere und bildungsnahe Menschen.