Nicht jeder muss Vitamin D einnehmen. Aber wer bereits einen Herzinfarkt hinter sich hat, könnte laut neuen Studiendaten deutlich davon profitieren. Herz-Kreislauf-Erkrankungen sind die führende Todesursache in Deutschland. Die Hoffnung, dass Vitamin D das Herz schützt, ist nicht neu – wurde bisher allerdings oft enttäuscht. Gerade bei gesunden Menschen ohne Mangel konnten große Studien bislang keinen klaren Vorteil des Vitamins zeigen. Doch eine neue Untersuchung aus den USA zeigt nun: Bei Herzpatienten, die bereits einen Herzinfarkt erlebt haben, kann eine gezielte Vitamin-D-Gabe das Risiko für einen weiteren Infarkt um mehr als die Hälfte senken. Die Ergebnisse stammen aus der sogenannten Target-D-Studie. Sie wurde kürzlich bei den Scientific Sessions der American Heart Association vorgestellt. Individuelle Vitamin-D-Dosis im Fokus Für die Studie untersuchten die Forscherinnen und Forscher 630 herzkranke Erwachsene, die bereits einen Herzinfarkt erlebt haben. Eine Hälfte der Probanden erhielt über knapp vier Jahre hinweg regelmäßig Vitamin D, die andere nicht. Anders als in früheren Studien erhielten die Teilnehmer allerdings nicht alle die gleiche Dosis, sondern eine individuell abgestimmte Menge an Vitamin D auf Basis der Blutwerte jedes Teilnehmers. Ziel war es, den Vitamin-D-Spiegel im Blut auf einen Wert zwischen 40 und 80 Nanogramm (ng) pro Milliliter zu bringen und dort zu halten. Sonnenvitamin : So lässt sich der Vitamin-D-Bedarf decken und ein Mangel erkennen Neue Ergebnisse : "Alarmglocken sollten schrillen" bei diesen Blutdruckwerten Studienautorin Heidi T. May erklärte in einer Pressemitteilung: "Frühere klinische Studien zu Vitamin D untersuchten die potenzielle Wirkung derselben Vitamin-D-Dosis für alle Teilnehmenden, ohne vorher deren Blutwerte zu überprüfen. Wir haben einen anderen Ansatz gewählt." Herzinfarktrisiko senken : Diese sieben Lebensmittel sind gut für das Herz Deutliche Risikoreduktion für Herzinfarkt Die Forscher kamen zu folgenden Ergebnissen: In der Gruppe mit kontrolliertem Vitamin-D-Spiegel über 40 ng/ml sank das Risiko für einen weiteren Herzinfarkt um 52 Prozent im Vergleich zur Kontrollgruppe. Mehr als 85 Prozent der Teilnehmenden wiesen zu Beginn der Studie Vitamin-D-Werte im Blut unter 40 ng/ml auf – ein Wert, der nach Ansicht vieler Experten für eine optimale Gesundheit nicht ausreicht. Knapp 52 Prozent der Teilnehmer in der Behandlungsgruppe benötigten täglich mehr als 5.000 IE (internationale Einheiten) Vitamin D, um den Zielblutspiegel von über 40 ng/ml zu erreichen. Diese Dosis ist mehr als das Sechsfache der von der FDA empfohlenen Tagesdosis von 800 IE. Aber: Nicht bei allen kardiovaskulären Ereignissen zeigte Vitamin D einen schützenden Effekt. Sowohl in der Vitamin-D-Gruppe als auch in der Kontrollgruppe traten Todesfälle, Schlaganfälle und Herzversagen nahezu gleich häufig auf. Noch keine allgemeine Empfehlung Studienautorin May erklärt, dass diese Ergebnisse die Patientenversorgung verbessern könnten. "Wir empfehlen Menschen mit Herzerkrankungen, mit ihren Ärzten über Vitamin-D-Bluttests und eine gezielte Dosierung zu sprechen, um ihren individuellen Bedürfnissen gerecht zu werden", fügte sie hinzu. May und ihre Studienkollegen betonten, dass weitere klinische Studien erforderlich seien, um festzustellen, ob eine gezielte Behandlung mit Vitamin D auch Herzerkrankungen vor einem ersten Herzereignis vorbeugen kann. Bevor man mit einer Vitamintherapie beginnt, sollten Menschen mit Herzerkrankungen daher vorerst weiterhin ihren Kardiologen konsultieren, empfiehlt die American Heart Association. Vitamin D und Herzgesundheit: Was ist bisher bekannt? Vitamin D ist nicht nur wichtig für starke Knochen, sondern spielt möglicherweise auch eine Rolle beim Schutz des Herz-Kreislauf-Systems. So haben frühere Studien gezeigt, dass ein niedriger Vitamin-D-Spiegel mit einer schlechteren Herzgesundheit in Verbindung steht. Einige Studien vermuten auch, dass ein Vitamin-D-Mangel das Risiko für Bluthochdruck und Diabetes erhöhen kann – beides bekannte Risikofaktoren für Herzkrankheiten. Ein möglicher Mechanismus: In Zellen der Blutgefäße befinden sich Vitamin-D-Rezeptoren, und das Vitamin kann Entzündungen hemmen – ein potenzieller Vorteil bei Arteriosklerose , also Ablagerungen in den Gefäßen, die zu Herzinfarkt oder Schlaganfall führen können. Doch große Studien an gesunden Menschen dämpften die Erwartungen bisher. Laut Deutscher Herzstiftung zeigte die Vital-Studie mit über 25.000 Teilnehmenden keinen Unterschied bei der Häufigkeit von Herzinfarkten oder Schlaganfällen – unabhängig davon, ob die Teilnehmenden Vitamin D eingenommen hatten oder nicht. Ähnlich ernüchternd waren die Ergebnisse mehrerer Metaanalysen: Nahrungsergänzungsmittel – darunter auch Vitamin D – zeigten keinen Einfluss auf die kardiovaskuläre Sterblichkeit. Viele Gesundheitsbehörden wie etwa die Deutsche Herzstiftung raten gesunden Erwachsenen ohne Mangel daher bisher nicht zu einer routinemäßigen Vitamin-D-Einnahme. Wichtiger seien eine gesunde Ernährung mit viel Gemüse und Obst, ausreichend Bewegung, den Blutdruck im Blick zu behalten und Zigaretten zu meiden.