Das deutsche Aufgebot bei den US Open war so klein wie seit 1983 nicht mehr. Ein Achtelfinalist ist die Bilanz. Die Zukunft? Der Teamchef warnt. Und nicht alle Talente entscheiden sich für den DTB. Jan-Lennard Struff zuckte mit den Schultern. Ob ein Anruf Alexander Zverev nach dessen frühen Aus bei den US Open doch noch mal für den Davis Cup umstimmen könne, wisse er nicht. Struff, einziger deutscher Achtelfinalist in New York, hat jedenfalls Lust, die Tennis-Herren im Nationen-Wettbewerb zur Titelchance zu führen. Der Davis Cup - zumindest später in der Finalrunde - könnte das deutsche Tennis in ein positives Licht rücken. Für das Gastspiel in Tokio am 12. und 13. September hatte Zverev "aufgrund des vollen Tourkalenders" abgesagt. Nun reiste er Tage früher als erhofft aus New York ab. Dass der einzige deutsche Tennisspieler, der Weltklasse verkörpert, deswegen doch für die auch ohne ihn machbare Aufgabe nach Japan fliegt, wo die Qualifikation für die Finalrunde im November ansteht, ist unwahrscheinlich. Grand-Slam-Aufgebot war so klein wie seit 42 Jahren nicht Auch wenn er weiter auf seinen ersten Grand-Slam-Titel wartet, überstrahlt Zverev seit Jahren, dass hinter ihm im deutschen Tennis wenig los ist. Das weiß auch Davis-Cup-Teamchef Michael Kohlmann. Ein paar Spieler würden zwar momentan verletzt fehlen. Aber: "Wir können nichts schönreden". Bloß sechs Deutsche standen in den Einzel-Konkurrenzen im Hauptfeld der US Open, weniger waren es bei einem der vier bedeutendsten Tennis-Turniere zuletzt 1983. Damals war schon Steffi Graf dabei, aber die Grand-Slam-Ära von Boris Becker hatte noch nicht begonnen. Eine derartige Ansammlung deutscher Profis wie 1995 in Wimbledon , als 28 - 14 Damen und 14 Herren - mitmischten, ist lange her. Aber auch 2016, als Kerber bei den US Open triumphierte, waren insgesamt 18 Deutsche am Start. Das diesjährige Rumpfaufgebot, sei nicht der Anspruch, sagte Kohlmann. "Das zu ändern, geht leider nicht von heute auf morgen." Wer jetzt in New York nach Einzeln mit deutscher Beteiligung sucht, muss schon die kleinen Courts besuchen, auf denen die Junioren ihren Wettbewerb austragen. Bei den Erwachsenen alle raus. Im Gespräch über mangelnde Breite wies Kohlmann darauf hin, dass Tennis ein teurer Sport und der Weg zum Profi ein finanzieller Kraftakt sei. Er warnte aber auch, mit "Work-Life-Balance" könne man kein erfolgreicher Tennisprofi werden. Andere Verbände haben mehr Geld In New York kam nur Struff bis ins Achtelfinale. Für ihn persönlich ein Erfolg. Zur Wahrheit gehört aber auch, dass er 35 Jahre alt ist. "Lange bleibt mir nicht mehr, aber ich fühle mich gut und möchte noch ein bisschen weiterspielen", sagte er. Auch Ex-Wimbledon-Halbfinalistin Tatjana Maria (38) und Wimbledon-Viertelfinalistin Laura Siegemund (37) haben die 30 überschritten. Dazu passend scherzte Tim Pütz (37), der ein Weltklasse-Doppel mit Kevin Krawietz (33) bildet, auf die Frage, was das Duo auszeichne: "Wir sind ziemlich alt." Maria möchte vor ihrem Karriereende mit ihrer Tochter Charlotte (11) auf der WTA-Tour Doppel spielen. Auf die Frage nach der Zukunft des deutschen Tennis antwortete sie: "Meine Hoffnung ist meine Tochter.". Allerdings wird ihre Tochter für Frankreich spielen, Vater Charles-Edouard Maria ist Franzose. Es habe zwar auch Gespräche mit dem deutschen Verband gegeben, in Frankreich sei aber die Unterstützung für eine Spielerin in diesem jungen Alter besser, hatte Maria einmal erklärt. Dazu hätten die Verbände Frankreichs und auch der USA, erster Wohnort der Familie Maria, durch die jeweiligen Grand-Slam-Turniere in Paris und New York "viel mehr Geld, viel mehr Optionen". Nachwuchs weckt Hoffnung "Ich glaube, dass im Tennis jeder seinen eigenen Weg finden muss. Es geht im Leben auf und ab, manche bekommen es dadurch auf dem Platz nicht hin", sagte Maria. Hoffnungsträgerin bei den Damen ist Ella Seidel (20), die ihre US-Open-Premiere in der Qualifikation denkbar knapp verpasste. Bei den Herren lässt eine Gruppe junger Talente hoffen, dass es auch nach der Zeit von Zverev Erfolge geben könnte. Dazu zählen Justin Engel (17) und Diego Dedura (17), die die ersten Schritte auf der ATP-Tour machen. Dazu gehören Niels McDonald (17) und Max Schönhaus (18), die sich im Junioren-Endspiel der French Open gegenüberstanden. Dass das keine Erfolgsgarantie ist, wird auch dadurch deutlich, dass McDonald in New York nun in Runde eins verlor. Als Mentorin für den Nachwuchs ist Ex-Spielerin Andrea Petkovic vom Verband eingebunden. Aber der Kontakt zwischen den aktiven Spielerinnen und dem Nachwuchs werde nicht vermittelt, monierte Siegemund als eine mögliche verpasste Chance. Sie sei offen, wenn es die Zeit zulasse, mit dem Nachwuchs zu trainieren oder ihre Erfahrungen weiterzureichen. "Dieses Angebot wurde bisher nicht abgerufen", sagte sie. "Ich sehe auch, dass eine Lücke entsteht".